„Es ist eine Frage der Haltung!“

Warum willst du friedvoll sein? Warum willst du Konflikte friedlich lösen?

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Dein Warum ist absolut entscheident. Es ist das, was mit dieser viel beschriebenen Haltung gemeint ist. Ist dir das schon mal begegnet? Gerade im Kontext von unerzogen, friedvoller Elternschaft und bedürfnisorientierter Kinderbegleitung heißt es immer wieder, etwas sei eine Frage der Haltung. Ich schreibe und sage das auch. Was soll das? Ich meine damit dein Warum.

Dein Warum ist wortwörtlich ausgedrückt in deiner Körperhaltung, in deiner Mimik, in deiner Art, mit anderen umzugehen.

Beispiel: Du möchtest, dass dein Kind dir beim Aufräumen hilft. Es ist super chaotisch, du bist genervt, du findest es anstrengend und willst, dass dein Kind jedenfalls den Esstisch freiräumt. Aber dein Kind sagt nein. Vielleicht sagt es auch ja, bleibt aber auf dem Sofa sitzen, was ja ebenfalls nein bedeutet. Oder es hält sich nicht an die „Absprache“, die besagt, es dürfe noch zehn Minuten rumsitzen, aber danach müsse es aufräumen (Absprachen sind ja meist doch nur nett getarnte Befehle). Ihr steckt in einem klassischen Konflikt.

Ich glaube, viele Konflikte biegen an dieser Stelle in Drama, Stress und Unlösbarkeit ab, weil wir nicht klar haben, warum wir bestimmte Handlungen in einem Konflikt vornehmen.

„Und was kann ich jetzt tun?“

Anstatt zu meckern und auf die „Absprache“ zu bestehen, könntest du jetzt nach deiner eigenen Haltung schauen, also deinem Warum.

  • Warum habe ich das so gesagt?
  • Warum ist mir das wichtig?
  • Warum will ich, dass mein Kind das macht?
  • Was meine ich damit?
  • Was ist das genau, was ich meine?

Halte dich nicht mit den abgedroschenen Phrasen auf, die dein Gehirn dir anbietet (Kinder müssen das auch mal lernen, etc.) Frage dich immer weiter. Dann wird es nämlich richtig, richtig interessant.

Als ich angefangen habe, mein Verhalten und meine Haltung zu hinterfragen, kam recht schnell nichts mehr. Da war plötzlich Stille. Ich war ganz irritiert und es brauchte Zeit, bis ich herausgefunden hatte, woran das lag. Einerseits war es mir total peinlich, vor mir selbst zuzugeben, dass ich einfach wollte, dass meine Kinder gefälligst tun, was ich sage, dass sie gehorchen. Andererseits lag es daran, dass ich gar nicht wusste, was ich brauchte. Oder warum ich etwas tat. Oder was überhaupt meine Haltung war. Was mir wichtig war im Leben.

Die Frage nach deinem Warum ist auch eine nach deinen Werten.

Auch über die denken wir selten nach und in Bezug auf Kinder sind wir quasi auf beiden Augen werteblind. Wir sind ganz doll damit beschäftigt, Kinder zu ändern, sie glücklicher zu machen, zufriedener, gesünder. Das ist alles gar nicht verkehrt, aber wir vergessen dabei manchmal, wie wir das machen und wie wichtig der Prozess ist.

Denn im Prozess zeigt sich unsere eigentliche Haltung.

Wenn du dein Kind zwingst, aufzuräumen, dann wird durch dein Handeln deutlich, dass es dir wichtiger ist, dass dein Kind gehorcht, als dass ihr eine gute Beziehung zueinander habt. Klar ist das nicht angenehm zu bemerken, aber das ist das Ergebnis, wenn du dein Kind zwingst.

„Darf ich denn jetzt gar nicht mehr sagen, wenn mir etwas wichtig ist?“

Doch! Natürlich darfst du das. Und an dieser Stelle wird dein Warum so wichtig.

Wenn du deinem Kind sagst: „Ich bin heute furchtbar müde und mir ist es so wichtig, dass jedenfalls der Tisch frei geräumt ist, damit wir gleich zusammen Abendessen können. Kannst du mir bitte helfen?“, ist das völlig in Ordnung.

Die Frage ist: Warum sagst du das? Willst du, dass dein Kind etwas lernt? Oder brauchst du wirklich Unterstützung und hast gerade neben deinem Kind keine andere Person zur Verfügung? Ist das eine ehrliche Bitte? Oder ist es ein versteckter Befehl? Ein pädagogischer Auftrag? Oder steckt dahinter die Idee, dass dein Kind ja sonst niemals ordentlich wird und später total asozial. Oder die Sorge, dass dein Kind nie wieder aufräumen wird, wenn du sein Nein jetzt durchgehen lässt? Hast du in deinem Kopf einen Plan, wie du dein Kind formen willst? Also ein Erziehungsziel?

Ehrlichkeit ist hier der Schlüssel zu allem!

Wenn es dir nur darum geht, dass du gerade Hilfe brauchst beim Tisch abräumen und unter der Bitte nix weiter versteckt ist, dann kannst du auch mit dem Nein deines Kindes leben. Dann schiebst du die Sachen auf dem Esstisch eben zur Seite oder schmeißt alles in einen Karton, den du in die Ecke stellst, oder ihr macht Picknick im Bett.

An deiner Reaktion auf ein Nein kannst du dein Warum erahnen.

Das bedeutet übrigens nicht, dass das Ziel ist, jegliche Konflikte zu vermeiden und dein Kind einfach alles machen zu lassen, was es gerade will. Es bedeutet vielmehr, dass du dich ehrlich fragst:

Wo stehe ich und was ist der wirkliche Grund meines Handelns.

Und von dort aus kannst du friedliche Lösungen finden.

„Was ist nochmal so wichtig an meinem Warum?“

Ich sehe ein grassierendes Problem auf mehreren Ebenen. Ich sehe sehr viel freundliche Pädagogik. Mein Sohn nennt das „leise gemein“. Dahinter steckt die Idee, dass eins Kinder nicht mehr anschnauzt, sondern sie mit netten Worten zwingt. Das ist brutal, weil zu der Gewalt des Gezwungenwerdens noch einen Double Bind kommt. Es fühlt sich schrecklich an, aber die Person lächelt mich an. Das ist sehr, sehr verbreitet und sehr besorgniserregend.

Auf der anderen Seite stehen lauter Eltern, die sagen: „Ich hab mein Kind 1000 Mal gebeten, aber es macht das immer noch nicht.“ Sie tun so, als würden sie um etwas bitten, aber eigentlich steckt dahinter doch wieder nur ein Befehl, verborgen unter einer Schicht Freundlichkeit, die sie für friedfertig halten.

Echte Friedfertigkeit ist die Weigerung, die Würde einer anderen Person ohne wirklich guten Grund anzugreifen.

Pseudofriedfertigkeit hingegen ist „Bitte, bitte!“ sagen, das Kind trotzdem zwingen und dann beleidigt sein, wenn es nein sagt. Letzteres ist krass verbreitet ist und wirkt natürlich viel netter, als zu sagen: „Ich will, dass du das jetzt machst!“ Aber ich glaube nicht, dass es wirklich netter ist. Ich glaube, es ist Kosmetik, das machen wir Eltern für uns, weil wir uns dann wohler fühlen. Und ich nehm mich da voll mit rein, mir passiert das auch.

Deswegen ist die Frage nach dem Warum so wichtig. Warum willst du friedlich sein? Geht es dir wirklich darum, die Beziehung zu deinem Kind ernst zu nehmen und die Werte, die du leben willst, umzusetzen? Oder geht es dir darum, ein bisschen netter zu wirken? Dann wäre es ehrlicher zu sagen: „Ich will nicht friedvoll sein, ich möchte nur so wirken.“ Das klingt gemein, ist aber ehrlich und hilfreicher für die Psyche deines Kindes und eure Beziehung.

„Ich mach das halt so, wie es auf Instagram empfohlen wird.“

Ich weiß, ich bin hier mit einer starken Meinung und manchmal erliegst du vielleicht der Versuchung, zu glauben, du müssest es so machen, wie ich es sage. Aber das find ich genauso schrecklich.

Es ist dein Weg.

Es ist dein Entdecken von dir selbst, von dem, was dir wichtig ist, von deinen Werten. Und dann wird es wunderbar.

Weil wir alle so wahnwitzig unterschiedlich sind, hilft es nicht, das Warum von anderen zu leihen. Ich kann an keiner Stelle sagen, so ist es richtig, so muss eins das machen, so löst eins den Konflikt, denn XY ist das Problem. Das kann ich nur für mich selbst sagen. Und du für dich!

Es macht dein Leben erst lebenswert, wenn du deine eigenen Werte lebst. Nicht meine, nicht die von Instagram quotes – ich weiß, dass ich selber welche mache 😉 – und nicht die deiner Schwipschwägerin, sondern deine.

Und genau nach diesen Werten kannst du dich mit uns zusammen auf die Suche machen. Komm hier noch zu unserer Challenge dazu.