Hör hin, wenn du magst.

 

Unser neues Workbook ist fertig!! Es geht rund ums Thema Schimpfen: Wie kann ich es schaffen, weniger zu schimpfen? Was kann mir wirklich konkret helfen? Du wirst die eine oder andere überraschende Antwort finden.

Es ist absolut kostenlos und hier kannst du es runterladen. Tadaaa!

 

Wir überdecken mit dem Schimpfen und dem Abwerten unserer Kinder oft ganz andere Themen. Das fällt mir immer wieder auf. Ganz ehrlich, das ist auch bei mir selber so, ich bin da nicht immun. Deswegen will ich heute mal über drei ungewöhnliche Gründe schreiben, warum Eltern schimpfen. Auf die kommen wir ohne weiteres vielleicht gar nicht und ich beobachte sie immer und immer wieder.

 

1. Wir schimpfen, weil wir vor unseren Gefühlen weg rennen

Das klingt jetzt erstmal komisch, denn Schimpfen wird ja oft damit gerechtfertigt, dass Eltern meinen, sie müssten authentisch sein, ihre Gefühle raus lassen und zeigen, wenn sie genervt sind. Alles gut. Das Schimpfen, was wir hier meinen, ist das gezielte Abwerten einer anderen Person, das kann auch durch Belehrung oder ganz ruhig erfolgen. Es geht darum, eine andere Person abzuwerten und zu verletzen.

Es braucht sehr viel Ehrlichkeit, wenn du dir darüber klar werden willst, ob es dir gerade darum geht, dich auszudrücken, weil du zB. frustriert bist und das einfach mal laut sagen willst, oder ob es dir darum geht, dein Kind zu attackieren. Wenn letzteres der Fall ist – und das kannst nur du selbst ehrlich beantworten -, dann ist darunter eine andere Emotion, zB Hilflosigkeit, Angst oder Unsicherheit. Das sind alles so Dinge, mit denen viele von uns nicht gelernt haben, umzugehen. Je nach Sozialisation, Kultur, Geschlechtersozialisation ist das ein bisschen unterschiedlich, aber es gibt oft mindestens ein Gefühl, was uns so unangenehm ist und mit dem wir so schlecht umgehen können, dass es schlicht einfacher ist, eine abhängige, machtlose Person zusammenzufalten, als uns damit auseinanderzusetzen.

Das wird heute nicht angenehm, du merkst das schon. Wir dürfen da wirklich ehrlich mit uns werden.

Mir war zB schon immer sehr wichtig, was andere Leute über mich denken könnten. Ich hab ganz viel in Blicke irgendwelcher Personen reininterpretiert und – ich neige noch immer dazu – mich selbst übergangen, damit andere etwas tolles über mich denken. Das ist natürlich unmöglich. Ich kann ja nicht kontrollieren, was andere Leute über mich denken. Dieser Gedanke und dieses unangenehme Gefallenwollen hat oft dazu geführt, dass ich in der Öffentlichkeit mit meinen Kindern geschimpft habe, weil es für mich so unangenehm war, den Gedanken auszuhalten, die anderen könnten mich komisch finden. Es hatte nichts mit meinem Kind zu tun, es ging nur darum, dass ich dieses Unangenehme nicht mehr fühlen wollte. Also hab ich mit dem Kind geschimpft. Ein von außen völlig anerkanntes und normales Verhalten auf einem durchschnittlichen Spielplatz in Deutschland – jedenfalls war das vor ein paar Jahren noch der Fall. Durch mein Schimpfen habe ich mich zugehörig gefühlt.

Es ging nicht darum, eine Sache zu kritisieren, es ging nicht darum, mit meinem Kind in Verbindung zu sein. Ich wollte weglaufen vor diesen krassen Gefühlen der Unsicherheit und der Hilflosigkeit. Das war der wahre Grund.

Das sehen wir wieder und wieder, wenn wir uns dieses Abwerten und Beschimpfen von Kindern genauer angucken. Darunter liegt das Weglaufen vor den eigenen Gefühlen.

 

2. Wir schimpfen, weil wir neidisch auf unser Kind sind

Der zweite Grund fürs Schimpfen ist ein tiefenpsychologischer: Du bist im Grunde neidisch.

Manchmal sprechen Eltern das auch aus: „Ej, alta, jetzt hab ich mein Kind schon auf eine alternative Montessorischule geschickt mit einem total netten Stundenplan und alles ist viel toller, als es in meiner Kindheit war, aber das Kind will immer noch nicht in die Schule gehen und seine drei Minuten Hausaufgaben, für die ich als Kind sonstwas getan hätte, will es auch nicht machen.“

Manchmal ist es so, dass die Dinge, die wir damals gebraucht hätten, uns bei unseren Kindern neidisch machen.

Das drückt sich oft in einem

„Boah, du weißt das gar nicht zu schätzen, du bist so undankbar!“

oder einem

„Kind, das gibts doch überhaupt nicht! Du hast es so gut, du hast so liebevolle Eltern und du verhältst dich immer noch so komisch.“

aus. Damit meinen wir eigentlich,

„Ich selbst hätte das so sehr gebraucht!“

Wenn du merkst, du sagst oder denkst solche Sachen, dann hast du ein großes Thema mit sogenannter Nachbeelterung. Ich empfehle dir da sehr das Buch „Mama, nicht schreien!“ von Jeannine Mik und Sandra Teml-Jetter. Die beiden haben zusammengefasst, was hinter deinem Schreien und Schimpfen stehen kann, und beschreiben, dass du eigentlich eine Nachbeelterung brauchst. Wir kannst selbst für dich da sein, in einer Form, in der das früher keine*r für dich war.

Dein Schimpfen kann für dich so aussehen, als seist du sauer, dass dein Kind die Wand angemalt hat, es kann aber auch ein ganz wichtiger Hinweis auf eine eigene Verletzung sein.

Werte dich nicht ab, sondern erkenne deinen Schmerz an.

Dein Kind kann nichts für deinen Schmerz, es schuldet dir nichts, es muss nicht gut gelaunt sein, nur weil es es jetzt besser hat, als du es mal hattest, aber es ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass du und dein sog inneres Kind nochmal mehr Raum brauchen.

 

3. Wir schimpfen, weil wir unsere persönlichen Grenzen nicht achten

Ein dritter häufiger und oft komplett übersehener Grund ist: Du bist schlecht darin, deine persönlichen Grenzen und deinen persönlichen Bereich zu verteidigen.

Höh? Dabei ist ja Schimpfen oft genau unter dieser Prämisse, jetzt musst du dich aber mal durchsetzen, jetzt musst du aber mal auf dich achten.

Ich glaube, wenn wir schimpfen, ist es schon viel zu spät, dann haben wir schon an anderen Stellen in unserem Leben zu viel ja gesagt, zu Dingen, zu Situationen, zu Menschen, zu Umständen, zu denen wir eigentlich schon lange nein sagen wollten. Ich mache oft die Erfahrung beim Thema Schimpfen, beim Thema Wut, beim Thema Übergriffe, dass Menschen das tun, wenn sie schon weit über ihre Bedürfnisse hinweg gegangen sind.

Dein Schimpfen kann ein Symptom dafür sein, dass du nicht gut auf dich achtest im Alltag. Und erst wenn die Wut kommt und dich total überwältigt, merkst du, dass bei dir auch etwas los ist. Dein Schimpfen kann ein Symptom dafür sein, dass du aktuell ein Leben lebst mit Umständen, die für dich so nicht passen. Dass du zu viele Erwartungen anderer erfüllst und Dinge tust, die anderen wichtig sind und nicht dir. Oft ist dein Kind da einfach nur die Sollbruchstelle. Eigentlich hast du an ganz anderen Stellen deine Bedürfnisse nicht erfüllt, an ganz anderen Stellen hast du nicht nein oder stop gesagt, hast du nicht gut für dich gesorgt.

Vielleicht konntest du auch gar nicht gut dafür sorgen, dass deine Bedürfnisse erfüllt sind. Das gilt vor allem in systemisch schwierigen Situation, das gilt vor allem in Armut, das gilt vor allem für BiPoC, das gilt vor allem bei einer weltweiten Pandemie. In systemsichen Situationen ist oft nicht genug Raum da, für uns einzustehen und auf unsere Bedürfnisse zu achten und/oder wir haben von klein auf gelernt, dass unsere Bedürfnisse nicht wichtig genug sind und andere widerum bewusst oder unbewusst als weniger wertvoll anschauen. Diese Umstände machen es deutlich schwerer.

Dein Schimpfen kann ein Hinweis darauf sein, dass du an anderen Stellen in deinem Leben auf dich achten darfst.

Dass du auf deine Bedürfnisse achten darfst und dass du schon weit über deine eigene Komfortzone hinausgegangen bist. Gar nicht unbedingt gegenüber deinem Kind, schau vor allem auf deine Beziehungen zu anderen Erwachsenen, zur Arbeit, in der Partnerschaft, in Freund*innenschaft, in Situationen um dich herum.

Das sind die drei aus meiner Sicht wichtigsten, normalerweise komplett übersehenen Gründe, warum wir schimpfen und was wir eigentlich brauchen. Und jetzt freu ich mich total darauf, in den Kommentaren zu lesen, was dir da einfällt, ob wir etwas wichtiges vergessen haben, ob einer der Gründe vielleicht auf dich zutrifft und was dir geholfen hat, um das zu verändern.

Und wenn du jetzt sagst: „Ruth, ich will wirklich mit dieser Schimpferei aufhören, aber ich weiß einfach nicht, wo ich ansetzen soll.“, dann lade dir unser kostenloses Workbook runter, in dem wir dich Schritt für Schritt genau da durch begleiten. Wir finden heraus, was du brauchst, was dein nächster Schritt sein kann, ohne dich abzuwerten, ohne dich zu belehren. Du wirst ein paar Überraschungen in unserer Perspektive erleben, weil wir überhaupt kein Interesse daran haben, dich abzuwerten, wenn du schimpfst. Wir wollen dir einfach die Instrumente an die Hand geben, von denen wir durch viele Jahre in der Elternarbeit wissen, dass sie funktionieren.

Und dann kannst du deinen nächsten Schritt machen. In deinem Tempo und auf deinem Weg.

Ich freu mich auf dich.