Ich möchte dir von fünf Fehlern berichten, die ich als Mutter gemacht habe.

Sie sind teilweise sehr persönlich und tief und ich habe sie immer noch nicht alle komplett überwunden. Neben diesen fünfen habe ich auf meinem Weg selbstverständlich noch 384 weitere gemacht 😉

Du kannst dir meine Geschichte auch als Video anschauen:

 

 

Ich erzähl dir das, weil ich mir Verbindung wünsche. Du bist nicht allein, ich bin nicht allein, wir alle machen Fehler!
Außerdem möchte ich gern mein Wissen mit dir teilen, warum das überhaupt Fehler waren und wie ich es geschafft habe, sie zu überwinden.

Veränderung findet statt auf einem Berg von Entscheidungen, von denen sich manche im Nachhinein als Fehler herausstellen.

Mit Fehlern meine ich Entscheidungen, die ich im Nachhinein anders getroffen hätte. Das heißt nicht, dass ich mit einem wahnsinnig schlechtem Gewissen dasitze und jeden Tag denke, ich hätte alles anders machen sollen. Aber ja, diese Fehler haben der Beziehung zu mir und meinen Kindern im Weg gestanden und zu Gewalt geführt. So will ich nicht leben und deswegen passe ich weiterhin auf, dass ich nicht wieder in die Fehler reinrutsche.

1. Angst vor Fehlern

Ich habe damals gemerkt, dass ich nicht die Mama bin, die ich sein will, als mein damals noch sehr kleiner Sohn angefangen hat, mich zu belügen. Das hat er nicht gemacht, weil er das mal ausprobieren wollte oder weil er sich Fantasiegeschichten ausgedacht hat, nein. Er hatte Angst vor mir.

Ich war gelähmt. Als ich angefangen habe, mich einzulesen und merkte, welche Schäden ich bereits angerichtet hatte, hatte ich solche Angst, noch mehr Fehler zu machen. Bei jeder Entscheidung, bei jedem Fitzel Ungeduld, bei dem kleinsten Meckern dachte ich: ‚Oh mein Gott, jetzt ist alles vorbei! Das wars. Das war der letzte Sargnadel für unsere Beziehung, das war der letzte Fehler, bevor er psychisch krank und drogenabhängig wird. Alles wird furchtbar!‘

Ich hatte so schreckliche Vorstellungen, weil ich wusste, was es für Folgen haben KANN, wenn wir schlecht mit unseren Kindern umgehen. Und weil ich noch keine Ideen hatte, wie ich es anders machen konnte. Da fehlte mir das Werkzeug. Ich hatte noch nicht die Geduld, die innere Stärke, das Selbstbewusstsein, die Selbstliebe, die es braucht, um friedvoll mit unseren Kindern zu leben. Zudem hatte ich kaum Unterstützung und habe mich furchtbar allein gefühlt. Auf dieser Ebene konnte ich natürlich nur Minischrittchen gehen.

Und die Angst vor Fehlern hat das noch schlimmer gemacht. Denn immer, wenn ich meinem Sohn gegenüber übergriffig wurde, habe ich ihm quasi auch noch verboten deswegen unglücklich zu sein und zu weinen. Sein Weinen habe ich als persönlichen Affront gesehen, denn ich war überzeugt, dass es zeigte, wie blöd und böse ich bin.

Sobald du Angst vor Fehlern hast, sobald du Angst hast, Entscheidungen zu treffen, die du bereuen könntest, bist du gelähmt.

Deine Angst versucht die Zukunft zu kontrollieren. Sie gaukelt dir vor, du müsstest schon, bevor du die Entscheidung triffst, wissen, ob sie richtig oder falsch sein wird. Das ist unmöglich. Manchmal ist es einfach eine Entscheidung deinen Werten entsprechend zu treffen, klar, aber manchmal ist zB der Grad so schmal und das Dilemma groß, dass du einfach erst hinterher – vielleicht auch erst Jahre später – feststellen kannst, ob es richtig war, dich so zu entscheiden. Und das ist ok.

Heute habe ich keine Angst mehr vor Fehlern. Auch diese dramatischen Zukunftsvisionen, was alles schief gehen könnte, wenn ich einen Fehler mache, habe ich hinter mir gelassen. Natürlich mache ich trotzdem weiterhin Fehler, andauernd sogar.

Es ist die Natur von Entscheidungen, das der Fehler eine Option davon ist.

Inzwischen kann ich sagen: ‚Ich kann dir gerade fünf Optionen anbieten, die alle irgendwie doof sind. Lass uns mal ausprobieren, mit welcher es uns am besten geht.‘ Aber es hat lange gedauert, bis ich in diese Leichtigkeit gekommen bin.

2. Kontrolle

Ich habe ganz intensiv versucht auf meiner Reise in die friedvolle Elternschaft, Menschen zu kontrollieren. Ich hatte die Weisheit mit Löffeln gefressen und jede*n belehrt, die*der es nicht wissen wollte. Wenn ihr euch meine allerersten Blogartikel anschaut, bemerkt ihr sicher diese Schärfe, dieses überzeugen wollen.

Ich habe nach wie vor die Probleme, dass ich versuche, Menschen an meine Pläne anzupassen und dass ich meine Kinder, meinen Partner und meine Freund*innen kontrollieren will. Das stand mir sehr lange im Weg, denn als Eltern können wir kontrollieren, weil wir so viel Macht haben. Darauf immer und immer wieder freiwillig zu verzichten, ist mir oft nicht gelungen.

Ein riesiger Fehler war, dass ich das oft umgedreht habe: ‚Wenn ich jetzt total nett zu meinem Sohn bin, dann wird er später hilfsbereit.‘ oder ‚Wenn ich meine Tochter das jetzt entscheiden lasse, ist sie bestimmt später bereit mit mir zu kooperieren.‘ Da war immer noch Kontrolle, ich habe es nur ins Gegenteil gekehrt. Und das war natürlich Quatsch – es ging mir noch immer um das Ergebnis. Nicht um Beziehung und Liebe und Miteinander. Und meine Werte.

Wenn du die Kontrolle loslässt, kommst du an den Ort, an dem Beziehung überhaupt erst wachsen kann.

Das fällt Menschen unfassbar schwer und ich kann das so gut verstehen. Das fiel es mir auch.

3. Alles persönlich nehmen

Ich habe das Verhalten und sogar den Charakter meiner Kinder auf mich bezogen.

  • Kind haut.
  • Kind mag keinen Besuch.
  • Kind liegt brüllend auf dem Boden.
  • Kind will nicht teilen.
  • Kind schnackt alle Leute an.
  • Kind ist laut.
  • Kind ist schüchtern.
  • Kind ist frech.

Daraus folgt: Ich bin eine schlechte Mutter.

Irgendein von manchen Menschen nicht so positiv angesehenes Verhalten von meinem Kind hat sofort die verzweifelte Frage ‚Was hab ich bloß falsch gemacht?‘ aufgeworfen. Kennst du das auch?

Dahinter steckt die Idee, das Verhalten deines Kindes sage etwas über dich aus. Das ist Schwachsinn. Natürlich kann das Verhalten deines Kindes eine Rückmeldung sein, es kann sein, dass dein Kind sich auf etwas bezieht, was du zuvor getan oder gesagt hast. Aber die Grundcharakterzüge deines Kindes haben tatsächlich nichts mit dir zu tun. Das merken viele Leute spätestens beim zweiten Kind, weil das ganz anders ist und sich ganz anders verhält als der erste.

Noch schlimmer ist es, Emotionen persönlich zu nehmen. Es tötet den natürlichen Ausdruck deines Kindes. Es nimmt deinem Kind die Möglichkeit, diese Gefühle und diese Art des Ausdrucks zu haben. Und außerdem hemmt es jede Form von Wachstum. Du kannst gar nicht mehr sagen, dass du ein bestimmtes Verhalten doof findest, weil du nur damit beschäftigt bist, alles auf dich zu beziehen. Du kannst keine echte Rückmeldung geben.

4. Alle anderen wissen es besser.

Ich weiß natürlich auch jetzt nicht immer, was richtig ist. Logo. Ich tausche mich mit Menschen aus, indem ich mich unterhalte, Bücher und Artikel lese, Podcasts höre, Videos schaue…

Austausch ist mir sehr wichtig, aber ich achte darauf, dass die Werte dieser Menschen mit meinen übereinstimmen.

Früher habe ich jeder Idee über Pädagogik und Kindererziehung zugehört und dachte, sie seien richtig. Ich habe den Ideen und Vorstellungen anderer Leute sehr viel Gewicht gegeben, denn ich war wirklich sehr, sehr verunsichert. Mir fehlte mein Nordstern.

Das ist total eskaliert, als mein ältestes Kind in den Kindergarten kam und es ihm dort unglaublich schlecht ging. Er hat so gelitten, er hat geweint. Jeden Tag. Es war wirklich furchtbar. In dem Moment habe ich das erste Mal diese Diskrepanz greifen können: ‚Ich spüre, es ist nicht in Ordnung, aber ich schicke ihn weiter dorthin.‘

Für mich war das nicht ok, aber mein Mann hat gesagt, da müsse er halt durch. Die Kindergärtnerin hat gesagt, er höre ja auch wieder auf zu weinen. Und ich hatte nachmittags ein apathisches, elendes, weinendes Bündel im Arm. Und tat wochenlang nichts.

Ich merkte, dass irgendwas nicht stimmt, aber ich hatte nicht gelernt, auf meine Intutition, meine Gefühle und meine Werte zu hören. Stattdessen war ich damit beschäftigt, den anderen zuzuhören. Und so habe ich Wochen und Wochen und Wochen mit meinem Mann zusammen unser Kind in den Kindergarten gezwungen. Das war im Nachhinein einer der schwersten Fehler auf unserer Reise als Eltern, da sind wir uns heute einig. Zum Glück haben wir irgendwann die Kurve gekriegt. Aber das war viel zu spät. Der Schaden war angerichtet.

Ich gebe auch heute manchmal noch zu viel auf die Meinung von Menschen, die nicht meine Werte teilen. Aber zum Glück merke ich das inzwischen schneller und kann dann wieder meinen eigenen Kompass ausrichten. Ich bin da weiterhin auf dem Weg. Wie wir alle.

5. Erst Kind, dann ich.

Friedvolle Elternschaft setzt voraus, dass es mir gut geht.

  • Wenn mir ein Nordstern fehlt,
  • wenn ich nicht klar darin bin, worum es mir in meinem Leben geht,
  • wenn ich mich nicht gut fühlen kann,
  • wenn ich meine Emotionen und Reaktionen nicht liebevoll beobachten kann,
  • wenn ich keine Worte für meine Emotionen habe,
  • wenn ich nicht weiß, was meine Geschichte ist,
  • wenn ich nicht weiß, wie sich Traumata durch den Körper ausdrücken können..

Wenn ich all das nicht weiß oder nicht kann und nicht dafür sorge, dass ich das lerne, habe ich es ganz, ganz schwer, friedvoll mit anderen zu werden.

Ich habe lange gedacht, es ginge um mein Kind. Um die Bedürfnisse meines Kindes, um den friedvolle Umgang mit meinem Kind. Aber:

Ich kann nicht liebevoll zu einer anderen Person sein, wenn ich nicht liebevoll zu mir bin.

Ich kann nicht fürsorglich zu einer anderen Person sein, wenn ich nicht für mich sorge. Klar, ich kann so handeln und mich in manchen Situationen einfach mal überwinden, um das zu tun. Das ist aber keine nachhaltige Strategie.

Ein großer Fehler war, dass ich mit den Kindern angefangen habe. Ich habe mich mit Methoden beschäftigt und nicht damit, wie es mir geht, warum ich mich aufrege.

Ein Resultat dieses Fehlers war, dass ich den Wutkurs kreiert habe. In dem geht es nur darum, was mit mir ist. Was passiert in mir? Wie fühlt sich das an? Welche Gedanken? Welche Vibrations? Welche Geschichten? Wie kann ich die loslassen? Nur auf mich gucken! Es ist irrelevant, wer oder was die Gefühle ausgelöst hat. Wie komme ich rein in das Gefühl? Wie kann ich es lieben? Welchen konkreten nächsten Schritt kann ich gehen?

Dieser Fehler war wirklich fruchtbar, denn heute ist genau dieser Hauptthema meiner Arbeit. Und ich bin da auch für mich persönlich weiter auf dem Weg, Selbstliebe oder Selbstakzeptanz ist nie fertig.

Mein Kompass

Lange bevor DerKompass überhaupt DerKompass hieß, hatte ich schon meinen eigenen, inneren Kompass, der mir dabei geholfen hat, Fehler hinter mir zu lassen. Ich habe mich in ganz normalen Alltagssituationen gefragt:

‚Was sagt mein innerer Kompass?‘

War das gerade für mich in Ordnung? Entspricht es meinen Werten? Ist das meine Richtung? Welche Entscheidung entspricht am ehesten dem, was ich leben will?

Und nach einer Entscheidung fragte und frage ich mich:

  • Entspricht das, was ich eben entschieden habe, meinen Werten?
  • War das ein Fehler?
  • Sollte ich etwas anderes ausprobieren?
  • Kann ich etwas über mich lernen?

Es gibt keine perfekte Lösung!! Wo willst du hin? Das kannst du nur selbst wissen.

Lebst du deine Werte so, wie du dir das wünschst?