„Muss das sein?!“
„Dich hat er aber schon gut im Griff!“
„ Du musst aber auch mal Grenzen setzen!“
Na, kennst du? Hab ich mir gedacht. Gerade am Anfang, wenn wir unsere Elternschaft verändern wollen (und noch nicht wissen wie), fühlen sich Menschen gerne dazu berufen, was zu sagen. Dir Tipps zu geben. Oder ihre Sorge auszusprechen. Oder dich rundweg zu konfrontieren.
Das kann unfassbar unangenehm, nervig und anstrengend sein. Und nicht immer finden wir passende Worte oder Möglichkeiten, damit umzugehen. Deswegen heute hier für dich: Eine Sammlung von Ideen aus unserer Community und meiner Erfahrung.
Disclaimer: Nix davon ist perfekt und nix passt für alle. Such dir einfach raus, was für dich passt!
1. Der Alfred Biolek
‚Danke, mir geht es gut‘. Das war lange meine Lieblingsantwort. Wirkt vor allem Wunder bei ungebetenen Ratschlägen und grumpeligem Gegenüber, weil es Gutes unterstellt. (Gutes unterstellen ist nicht nur ein Fundament friedvoller Elternschhaft, sondern friedvollen Lebens.)
2. Ablenken oder ‚pass the bean dip‘
Das habe ich von Denise Duffield-Thomas geklaut – sie sagt, wenn Menschen ihr in ihr Online-Business reinreden wollen, immer gerne sowas wie ‚Thank you. Could you pass the bean dip? It is amazing!‘ Sprich: Sie lenkt ab und wechselt das Thema. Das ist eine der weniger konfrontativen Methoden und ist vor allem im Freundes- und Familienkreis hilfreich. Remember: Du musst nicht mit Menschen diskutieren. Das ist nicht deine Pflicht. Du darfst es bleiben lassen.
3. Atmen, Achtsamkeitsübung
Zähle langsam bis 10. Massiere dir deine Oberarme. Vergegenwärtige dir, was du gerade siehst, hörst und fühlst. Achtsamkeit ist zwar ein etwas schwammiges Wort, aber das, was dahinter steht, ist hilfreich und lohnt sich: Dem Gehirn Zeit geben, sich abregen und sich erinnern, wo wir sind. Das ist Grundlage für eine angemessene Reaktion und verhindert, dass du sinnlos zurückschießt. Man kann da echt nix falsch machen: Einfach ausprobieren und gucken was passiert.
4. Stop.
Eine der konfrontativeren, aber wichtigen Ideen ist, Menschen zu sagen, dass sie aufhören sollen. Ein kurzes ‚Stop, das will ich nicht!‘ oder ‚Ich will das nicht diskutieren!‘ kann manchmal extrem hilfreich sein – vor allem für dich. Du signalisierst dir damit, dass du wichtig bist und dir nicht jeden Mist bieten lassen musst. Falls du wie ich dazu neigst, dir stumm und erstarrt irgendeinen Kram anzuhören und dabei noch verständnisvoll lächelst, ist das die Köngisdiziplin. Und tut verdammt gut.
5. Weggehen
Jap. Nur weil du KANNST, musst du dir nicht jeden Mist gefallen lassen. Du musst dir das nicht anhören. Du wählst aus, was du hören willst und ob es dir hilft. Du musst auch keiner Person zuhören, nur weil sie mit dir verwandt ist. Das ist vor allem für Frauen eine schwere Übung, weil wir häufig gelernt haben, uns die Befindlichkeiten anderer anzuhören, egal ob es uns gut tut oder nicht. Aber nix da. Lass es. Das ist auch anderen gegenüber fairer, als dir stumm grummelnd Dinge anzuhören, die nicht gut für dich sind.
6. Zuhören
Das ist das Gegenprogramm. Wenn du die Empathie hast, lohnt es sich die Botschaft HINTER dem Gemäkel zu hören. ‚Bei uns früher hat es das nicht gegeben!‘ – Ach, ist ja spannend. Wie war das denn früher bei euch? Was waren eure Herausforderungen und was hat dir Angst gemacht? Was fühlst und denkst du, wenn du erlebst, wie ich das anders mache?
Das Gemäkel ist nicht gegen dich, es ist für sie. Es ist für deine Oma, der die Kriegstraumata in den Knochen stecken. Es ist für deinen Bruder, der eure Kindheit anders verarbeitet als du. Es ist für deine Freundin, die sich vielleicht total getriggert fühlt in ihrer eigenen Unsicherheit. Zuhören und den Schmerz hinter den Worten hören, kann verbinden. Niemand muss einverstanden sein, um in Verbindung zu sein.
7. Abschirmen
Gerade in öffentlichen Situationen und wenn die Kritik nicht explizit ist, sind viele der Methoden, die wir bisher nannten, nicht passend. Auch kann nicht jede Persönlichkeit jeden Schritt machen (außer das mit der Achtsamkeit, das kannst du IMMER machen). Was aber oft ein Zwischenschritt ist, ehe ich mich gut abgrenzen lerne, ist die innere Abschirmung. Dazu kannst du dir vorstellen, dass du in einer Käseglocke lebst: Was die anderen sagen, kannst du nicht hören. Sie sind weit weg. Das was du wahrnimmst, sind du und dein Kind und eure Situation. Und DU bestimmst, wer in die Käseglocke darf. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!
Super Tipps! Hoffentlich schaffe ich es den eunen oder anderen umzusetzen. Das würde mir gut tun. Leider bin ich so gar nicht schlagfertig und lasse mich sehr schnell von Anderen provozieren.
Herzerfrischend und hilfreich! Danke.
Oh man, da scheine ich echt Glück zu haben bisher. Ich habe nur einmal gehört „jetzt musst du aber vielleicht wirklich mal anfangen zu erziehen“ und hab dann einfach gefragt „warum?“. Spannend war die Antwort darauf. Nach einigem herumgeeier kam dann raus „weil mir dieses Verhalten (Essen rumwerfen bei einer knapp 1-jährigen) in einem Restaurant peinlich wäre vor den änderen Gästen.“ Aha. Das konnte ich dann ganz gut einfach stehen lassen. Eine Situation, die vielleicht nie eintritt (Restaurantbesuch – kommt selten vor, Kind schmeißt genau in dieser Zeit essen auf den Boden – vielleicht würde sie sich dann ganz anders verhalten) wäre ihr peinlich, weil sie sich vorstellt, was andere Gäste denken könnten. Vielleicht denken diese aber auch „Mensch, wie niedlich“, oder „meine haben das auch immer gemacht, interessant“ oder „ich muss morgen den Karl-Heinz mal wieder anrufen und meine Chefin war heute echt mies gelaunt“. Lange Rede, kurzer Sinn: Nicht mein Thema, konnte ich also abhaken.
Ansonsten wurde vielfach kommuniziert, wie schön liebevoll unsere Kinder aufwachsen dürfen, was wir doch für umgängliche Kinder hätten (eine Bewertung, die ich nicht bräuchte, aber sicherlich als Kompliment gemeint war) und dass wir uns zu viel Stress machen (nur 3 Stunden Kindergarten am Tag und das auch nur 4 Tage die Woche und wenn der Papa Urlaub hat, dann oft noch weniger- da kommt man ja zu nichts mehr… ). Alles eher positive Rückmeldungen. Oft merke ich aber, dass gerade die ältere Verwandtschaft gerne was sagen würde, zum Beispiel wenn sich ein Kind vollkleckert oder Sand auf den Kopf schmeißt, sich das aber dann verkneift weil sie wissen, dass wir nur mit den Schultern zucken oder uns ob der neuen Erfahrung mit unseren Kindern freuen würden.
Ganz gute Voraussetzungen für ein relativ unerzogenes Leben, vor allem bei einer eigentlich so gerne angepassten Mutter wie mir, würde ich sagen. Und trotzdem merke ich jeden Tag, wie viel mehr ich noch lernen, loslassen und vertrauen könnte, damit meine Kinder hoffentlich möglichst frei und geliebt aufwachsen.
Oh cool, vielen Dank für den Input. Den kann ich gut gebrauchen. Hättest Du eventuell noch eine Idee, wenn die Verwandten anfangen, ihre Kritik an unserem Umgang mit den Kindern über die Kinder zu äußern? Bei uns ist z.B. das Familienbett regelmäßig mindestens einen Kommentar wert und letztens wurde dann auf das Töchterlein eingeredet, wie toll doch so ein Hochbett sei was ihre Cousine auch hat etc. Oder es wird zu ihr gesagt, dass der Papa auch mal wieder alleine in einem Bett schlafen will…
Die Kommentare sind zwar schon ein paar Monate alt, aber ich würde gerade bei dem Punkt „Der Papa will auch mal wieder alleine schlafen“ fragen, ob der Fragesteller denn gern allein einschläft.