Kinder haben es echt irgendwie nicht leicht. Sie sind von Natur aus bewegungsfreudig und impulsiv – und doch sind ihre Alltage oft komplett vorbei an diesen Bedürfnissen gestrickt.

Spielplätze sind ausgelagert (und regelmäßig klagen Anwohner*innen gegen sie), Kinder werden hinter Zäunen gehalten, in Supermärkten angehalten schön leise zu sein und im Zug dürfen sie – natürlich – nicht rennen.

Die systematisch Ausgrenzung und Abwertung von vollständig normalem Verhalten ist, da gehe ich mit der Theorie der Antipädagogik mit, Diskriminierung: Menschen, die aufgrund eines Merkmales, hier des Alters, nicht die gleichen Rechte haben wie andere. Da spielt natürlich auch die flächendeckende Institutionalisierung und die Idee der Erziehung eine Rolle – heute aber geht es mir um den Umgang mit Bewegungsfreude.

Was also kannst du tun in einem kinderfeindlichen Umfeld, wie z.B. Deutschland es darstellt?

Bestehe auf die Rechte deines Kindes

Solange dein Kind niemanden verletzt oder es akute Not gibt, bestehe darauf, dass es den Park benutzen kann, wie es will, oder in der U-Bahn läuft. Die schlechte Laune anderer gibt ihnen nicht das Recht, dein Kind zu diskriminieren.

Das ist kein Aufruf zur Rücksichtslosigkeit! Du kannst gerne ausweichen auf Spiele, die leiser sind, oder dein Kind an Orte führen, die weniger stressig sind für alle. Aber wenn das nicht möglich ist, dann ist es blöd für die anderen, aber kein Grund dein Kind zum Gehorsam zu zwingen.

Stell dir mal vor, du stehst an der Supermarktkasse und vor dir ist eine Person, die eine halbseitige Lähmung hat. Der Person fällt es schwer zu bezahlen und sie lehnt Hilfe ab.

Was tust du? Du bist sicher nicht begeistert, vielleicht hast du es sogar eilig. Du guckst vielleicht auf die Uhr. Oder du versuchst der Person zu helfen, damit es schneller geht.

Was du nicht tust, ist der Person das Recht abzusprechen, dort zu sein. Und so zu sein, wie sie ist. Und wenn du auf diese Idee kommen würdest, wäre das Gesetz gegen dich. Du hast das auszuhalten – das ist deine bürgerliche Moralverpflichtung innerhalb von Demokratien.

Das gilt auch für Kinder. Die sind nämlich auch Leute.

Zweitens: Vorbeugen

Biete deinem Kind die Möglichkeit, sich zu bewegen, wo auch immer es geht, und wenn du weißt, dass es das braucht. Manche Kinder müssen sich abends nochmal sehr ausführlich bewegen, andere brauchen das in vielen kleinen Dosen über den Tag.

Vielleicht kannst du einen Kindergarten finden, der das unterstützt, oder sportliche Aktivitäten, die dein Kind besuchen kann.

Du kannst es auch regelmäßig selber zu körperlichem Spiel auffordern – und zwar dann, wenn DEINE Akkus voll sind und du Bock und Zeit hast, es zu tun. Körperliche Kinder verbinden sich über Spiel. So kannst du ihm*ihr zeigen, dass sie*er dir wichtig ist. Spiele eine Runde ein körperliches Spiel vor dem Schlafen, anstatt eine Geschichte vorzulesen.

Körperliches Spiel ist by the way nicht äquivalent mit wild oder laut oder aggressiv. Du kannst auch ruhige Spiele anbieten. Auch das Maß des Kontaktes ist wichtig zu finden – du und dein Kind dürfen sich wohlfühlen. Hier gibt es Anregungen.

Drittens: Beobachten

Noch ein Stück weiter als schauen, wann es auftritt: Warum tritt es auf? Ist es Ausdruck für Stress oder Angst oder Freude? Ist es Bewegungsmangel oder ist es vielleicht etwas ganz anderes?

Eines meiner Kinder bewegt sich, um ALLE Emotionen rauszulassen. Ist sie wütend, tritt und springt sie. Ist sie froh, hüpft sie. Ist sie traurig, windet sie sich.

Finde heraus, was dein Kind da sagen will, und höre zu. Kommunikation ist viel, viel mehr als reden. Dein Kind macht dir mit seinem Bewegungsangebot auch ein Beziehungsangebot. Nimm es an!

Bewegungsfreudige Kinder empfangen die Gefühle anderer häufig auch besser über den Körper. Es zu berühren, wenn du sprechen willst oder mit ihm zu toben, wenn du deine Liebe zeigen willst, kann ganz anders wirken, als eine Ansprache oder ein gesagtes ‚Ich liebe dich‘. Tu gerne beides und finde heraus, was für euch stimmt.

Fazit: Dein Kind ist so. Arbeite damit. Es kann sein, dass du großen Widerstand hast – hilf dir, sorge für dich. Es kann auch sein, dass dein Kind ein Problem ausdrückt. Vielleicht leidet es in der Schule oder möchte in Kontakt treten. Dann braucht es auch Hilfe. So oder so ist das Abwerten dieses Verhaltens nichts weniger als Kritik an seiner*ihrer Natur.

Stell dir vor, es wäre die Haarfarbe. Das hilft mir immer. Würde ich zu meinem Kind sagen ‚Ey, jetzt HÖR doch mal auf so dunkelblond zu sein!‘ – absurd, oder?

Die Charaktereigenschaften deines Kindes sind angeboren. Arbeite mit ihnen, nicht gegen sie (gilt für dich selber auch!).