Moderne Elternschaft ist sau anstrengend.
Da sind die Werte, die wir haben: Freiheit, Individualität, Authentizität und all der Kram. Und dann ist da noch die Realität, die gerne herzlich wenig mit dem zu tun hat, wie wir leben wollen.
Beispiel gefällig?
Das morgendliche Anziehen und Losgehen ist in nicht wenigen Familien ein Graus. Das ist es übrigens meist deswegen, weil Eltern wie du und ich immer mehr merken, dass ihre Werte nicht im Einklang mit autoritärer Erziehung gedacht werden können. Und dann keine Ahnung haben, wie sie sich statt dessen verhalten sollen.
Du willst dein Kind vermutlich auch nicht aus dem Bett in die Klamotten brüllen und dann aus dem Haus, oder?
Nee. Ich auch nicht.
Der Mist ist, dass wir aber oft in Realitäten leben, in denen wir eben doch raus und los wollen (nicht müssen, aber das ist ein anderes Thema).
Also muss das Kind irgendwie doch raus aus dem Bett. In die Klamotten. Raus aus dem Haus. Ohne Schreien. Ohne Gewalt. Aber wie geht das eigentlich?
Willkommen im Dilemma moderner Elternschaft. I´ve been there.
Gehorsam ist schädlich
Auf den Gehorsam ausweichen, ist keine gute Idee. Auch wenn du es verpackst und so tust, als ob es sein müsste. Oder als ob dein Kind das auch mal lernen muss.
Gehorsam bedeutet, dass ein Kind das macht, was du willst, egal, warum.
Das ist ein Problem. Aus ziemlich vielen Gründen. Hier einige davon:
1. Gehorsam verletzt die Psyche deines Kindes
Ich kann mich gut erinnern, dass ich als Kind immer meinen Eltern bei der Gartenarbeit helfen musste. Immer samstags stand mein Vater mit den Gartenhandschuhen im Flur und ich wusste, es ist so weit. Gleich werde ich gezwungen, Gartenarbeit zu machen.
Nicht, dass es hier zu Missverständnissen kommt: Meine Eltern waren sehr freundliche Eltern. Genau wie viele moderne Eltern heute wollte sie nicht schreien und nicht schimpfen. Und schlagen sowieso nicht.
Sie taten also etwas anderes, um ihrem Dilemma zu entkommen: Sie erpressten mich.
Das sah dann so aus, dass sie seufzten und mir erzählten, wie viel sie zu tun hätten. Mir Vorwürfe machten, dass ich wirklich auch EINMAL mithelfen könnte. Und mir schließlich, wenn das nicht half, damit drohten, mir nicht mehr zu helfen.
Als Kind war ich, wie alle anderen Kinder, aber elementar auf meine Eltern und ihre Hilfe angewiesen. Also tat ich, was sie wollten – weil ich weiter zum Sport gefahren werden wollte oder weiter Taschengeld bekommen wollte.
Meine Eltern waren sich vermutlich nicht der Tatsache bewusst, dass ich meiner Psyche damit Gewalt antat: Ich unterdrückte das, was mein ‚ureigenes Selbst‘ (Arno Grün) ist und gehorchte, egal, in welcher Verfassung ich mich befand und was ich brauchte.
Unsere Kinder lieben uns und sind elementar von uns abhängig. Im Zweifel entscheiden sie sich immer gegen sich selbst. Und das rächt sich in Selbstzweifeln und der Überzeugung, nicht gut (genug) zu sein. (weiterführende Leküre: Arno Grün: ‚Der Wahnsinn der Normalität‘)
Und noch etwas: Die Tatsache, dass die Bedürfnisse von Kindern nicht gehört werden, wenn Gehorsam verlangt wird, macht es dem Kind sehr schwer, sich seiner eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden. Es hat keine Möglichkeit, Formulierungshilfe zu erhalten.
2. Gehorsam schürt Gewalt
Gehorsam, wie ihn meine Eltern – mit bester Absicht – von mir als Kind forderten, damit ich Beete umgraben und Stecklinge pikieren sollte, führt zur Unterdrückung von meinen eigenen Gefühlen.
So weit, so blöd.
Das Schlimme ist, dass die ja nun immer noch da sind. Und unterdrückte Gefühle weisen auf unerfüllte Bedürfnisse hin (Marshall Rosenberg). Und unerfüllte Bedürfnisse verschwinden ebenfalls nicht einfach.
Das Kind hat keine Chance bekommen, zu sagen ‚ich will nicht im Garten arbeiten, weil ich Ruhe/Autonomie/Sicherheit brauche‘. Es hat keine Chance, sich auszudrücken, weil es nicht gelernt hat, dass diese Gefühle überhaupt wichtig sind. Und wie man sie ausdrückt.
Denn Gehorsam betrachtet keine Gefühle. Gehorsam maximiert den Output und konzentriert sich auf die Lösung. Gehorsam ist sozusagen die Wirtschaftwissenschaft unter den Erziehungsproblemen.
Der Prozess aber – Streiten, überlegen, Lösungen finden, Bedürfnisse anhören – der Prozess, der zu Empathieenwicklung und sozialen Fähigkeiten führt, der Prozess, der Liebe und Beziehung anstubst (ja, auch im Konflikt fühlen wir, ob wir gesehen und geliebt werden oder nicht!), der wird nicht gelebt.
Und damit dem Kind auch nicht gezeigt.
Woher soll es später Konflikte lösen können? Was es gelernt hat ist, dass der Stärkere vom Schwächeren Gehorsam fordern darf.
Unter Erwachsenen nennen wir dieses Verhalten dann (meist) beim Namen: Gewalt.
3. Gehorsam zerstört die Beziehung
Wenn erst die Gewalt in Form des Gehorsams angekommen ist, wenn erst mein Vater seine Gartenhandschuhe anhatte, hatte unsere Beziehung keine Möglichkeit mehr, zu bestehen.
Sie war herausgeschnitten aus der Gleichung. Es ging nur noch um Macht.
Die für mich als Kind logische Folge war, dass ich selbst für meine Integrität sorgte und log und trickste, wo ich nur konnte. Ich rupfte das Unkraut so langsam aus, dass meine Eltern schier wahnsinnig wurden.
Und am Ende blieb mein Gefühl, nicht in Ordnung zu sein und ihr Gefühl, ein unsoziales Kind großgezogen zu haben.
Aber was denn dann?!
Vertrauen sichert unsere Beziehung. Lass ein Ziel, egal, wie wichtig, nicht den Weg dahin so determinieren, dass die Beziehung leidet.
Lass das Zähne putzen auch mal sein, wenn die Beziehung leidet. Lass dein Kind auch mal ausschlafen und plane um, wenn die Beziehung leidet. Lass die Gartenhandschuhe aus und spiele mit deinem Kind, wenn die Beziehung leidet.
Das ist meine Bitte an dich.
Gehorsam ist schädlich. Das völlig Verrückte ist, dass er gar nicht nötig ist für unser Zusammenleben.
Wir sind nämlich zutiefst soziale Wesen. Wir kooperieren. Unser Gehirn ist so angelegt, unsere Sozialisation ist eine einzige Kooperationsleistung und wir leiden schrecklich, wenn andere uns aus ihren sozialen Kooperationsverbänden ausschließen.
Was kannst du also tun, wenn du etwas wirklich willst, dein Kind aber nicht?
1. Werde kreativ
Ehrlich – jenseits der von dir favorisierten Lösung liegt ein Universum an Möglichkeiten. Hol dir Hilfe. Tritt kürzer. Mach die Dinge selber. Übernimm die Verantwortung.
2. Sei authentisch
Nein, keine Erlaubnis zum Anschreien, sorry. Das ist so ein gängiges Missverständnis (hier mehr davon).
Sei einfach du selber. Mach spürbar, was dich bewegt. Sage ‚Mann, ich WILL gerne pünktlich sein, es ist mir wichtig!‘ und ‚meine Rosen brauchen dringend Wasser und ich will sie gießen!‘ anstatt das Kind zu belehren, zu beschämen oder zu zwingen.
Du merkst, wenn du authentisch bist – in dem Moment wird dein Kind reagieren (nicht unbedingt so, wie du willst, übrigens!). Lass ihm Zeit. Ihr werdet eine Lösung finden.
3. Sei klar
Oft versteckt sich hinter der mangelnden Authentizität der Unwille, sich mit sich selber auseinanderzusetzen.
Warum will ich denn eigentlich pünktlich sein? Was ist mir an den Rosen so wichtig? Kann ich vielleicht davon Abstand nehmen? Und wenn nicht, warum nicht?
Das deutliche Formulieren und vor allem die innere Klarheit helfen im Konflikt. Kein Rumeiern. Fakten. Keine Verantwortung beim Kind.
4. Suche langfristige Lösungen
Die Kreativität, die ich oben ansprach, hat mit dem Heute zu tun. Wenn aber Probleme immer und immer wieder auftauchen, lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten.
Statt Gehorsam zu fordern, macht es Sinn, zu schauen, wie DU besser mit der Situation umgehen kannst, ohne die Lösung am Kind zu suchen.
Warum muss dein Kind dafür gerade stehen, was du willst? Ist es das wirklich wert, eure kostbare Beziehung? Ich glaube kaum.
5. Nimm dein Kind wahr
Was könnte mich als Kind daran gehindert haben, meinen Eltern freiwillig in den Garten zu folgen?
Ich behaupte: Sehr wenig. Ich hätte das sicher gerne getan ohne die Forderung von Gehorsam mit all ihren hässlichen Begleiterscheinungen.
So war ich damit beschäftigt, meine Würde zu erhalten. Um den Garten ging es schon lange nicht mehr.
Höre deinem Kind zu. Warum will es etwas (nicht)? Was bewegt es? Ist es vielleicht einfach hungrig oder müde? Was könnte es brauchen?
Empathie heilt, das ist meine feste Überzeugung – und Erfahrung.
Wenn wir die Erwartung an Gehorsam endlich fallen lassen und Empathie, Zuneigung und Klarheit an ihre Stelle treten lasssen könnten: Nicht weniger als eine glücklichere Welt käme dabei heraus.
So weit so gut aber das ich morgens zur Arbeit muss ist Pflicht und da kann ich nicht kreativ sein und nicht zur Arbeit gehen nur weil das Kind sich nicht anziehen will.
Und ne halbe Stunde eher wecken ist auch oft schön gedacht…
Und Klamotten selber aussuchen lassen auch.
?
Manchmal scheint es nicht anders zu gehen.
Die Rosen gehören zu meiner freiwilligen Auszeit und da kann ich kreativ sein und spontan.
Nur so Ideen: Die Sachen am Abend vorher schon gemeinsam aussuchen. Und den Job suchen wir uns übrigens aus. Also willst du pünktlich auf Arbeit. Weil du Geld verdienen willst usw.
Schönes aktuelles Beispiel. Eben vor circa 30 Min. Ich zur Tochter (2,5 Jahre alt): Ich kann nicht mit kommen zu Oma und Opa, denn ich will nachher auf Arbeit. Kind: Wieso? Ich: Weil es mir Freude bereitet anderen zu helfen und ich gerne Geld verdienen möchte. Kind: Wieso Geld verdienen? Ich: Damit wir einkaufen gehen können. Beispielsweise deine Zahnpasta (die ist heute alle gegangen), unser Essen und Trinken …
Sie kam dann kuscheln und mich drücken. Ich habe ihr gesagt dass ich verstehe dass sie lieber hätte wenn wir alle zusammen sind und sie bestimmt traurig ist. Ich bleibe bei dem was ich tun WILL, lasse aber ihren Emotionen Raum und nehme sie an. Das klappt gut. Klar trotzt sie auch. Aber seit ich ihr sage, dass ich ihre Wut verstehe, statt krampfhaft etwas daran ändern zu wollen, gehen die Anfälle extrem schnell vorbei. Und das fühlt sich sehr authentisch an.
Liebe Antje,
danke für dieses lebendige Beispiel!
Grüße, Ruth
Ohne ein solches Beispiel mit einer aus meiner Sicht elementaren Aussage: „ich mache was ich will (mir wichtig ist) lasse aber ihren Emotionen Raum und nehme sie an“ entsteht tatsächlich manchmal der Eindruck, diese Haltung ist ein Luxus, den sich viele nicht leisten können. So aber ist es verständlich. Finde ich sehr gut den Kommentar.
Liebe Ruth,
I’m Moment habe ich das Gefühl ich bin nur am schimpfen und keifen und es geht mir wirklich schlecht damit…
Mein dreijähriger Sohn nimmt meinem 19 Monate alten Sohn einfach alles weg. Er reißt ihm alles aus der Hand, rammt ihn, schreit ihn laut an usw. Sage ich ihm zb er soll ihn loslassen tut er das erst wenn ich laut werde. Geschwisterrivalität zieht sich durch, das ist normal, ich weiß.. Sie haben beide Zeit mit mir alleine…
Und was ich überhaupt nicht verstehe ist, wenn mein Sohn seine legokiste komplett ausschüttet, ist für mich die logische Konsequenz das er es auch wieder einräumen muss… Ansonsten lasse ich es einfach liegen? Und dann?
Kann er alles durch die Gegend schmeißen und wenn er keine Lust hat es aufzuheben mache ich ich es oder es bleibt halt liegen? Das Haus wäre ein absolutes Schlachtfeld… Ich verstehe nicht warum es besser ist ihm nicht aufzuzeigen, dass diese Dinge auch weggeräumt werde müssen auch wenn er darauf keine Lust hat?
Freue mich sehr über eine Antwort wie ich das anders sehen und lösen könnte.
Hallo! Oh je, das klingt aber stressig bei euch. Die beiden sind ja auch noch super klein – da hilft nur dabei bleiben und vermitteln und verhindern. Ich verstehe total, dass das anstrengend ist. Hast du denn Zeiten und Dinge, die dir helfen dabei?
Zu deiner Lego-Frage: Das ist keine logische Konsequenz. Das einzige, was logisch ist, ist das: Wenn ich Lego auskippe, liegt es auf dem Boden. Du willst dass es nicht auf dem Boden liegt und dein Kind soll diesen Wunsch erfüllen! Das ist eine Bitte (bzw ein Befehl, denn nein sagen darf er nicht wirklich oder?). Und wenn er das nicht tut, dann musst du dir überlegen wie wichtig es dir ist. Du könntest es liegen lassen bis einer Bock hat, es zu machen oder du räumst es weg oder du bittest eine andere Person dich dabei zu unterstützen. Am Ende ist es so, dass dein Kind, sobald du es nciht mehr zwingst, vermutlich auch Bock hat, dich zu unterstützen.
Wenn du es gerne ordentlich hast, würde ich das auf jeden Fall ernst nehmen! Nur ist ein Dreijähriger nicht zuständig dafür, dir dieses Bedürfnis zu erfüllen. Er spielt und lebt da auch, und er hat andere Vorstellungen. Meinst du, du bekommst Lösungen jenseits von Zwang hin?
Grüße, Ruth
Hallo Antje,
Echt toll wie du mit deinem Kind kommuniziert. Das wünsche ich mir auch.
Könntest du mir vielleicht auch einen Tipp geben wie ich mein 4,5 jähriges Kind ins Bett bringen kann ohne immer bei ihm mit ins Bett zu gehen und zu liegen bis es eingeschlafen ist?
Er sagt , er möchte nicht alleine sein
( mit Bruder 7jahre im zimmer ).
Und eso hätte Angst vor Monster. Was tun, wie vorgehen….danke
Evolutionär gesehen ist es garnicht vorgesehen, dass Kinder alleine schlafen, sie wären allesamt gefressen, erfroren oder verhungert. Daher ist es nur normal und natürlich, wenn auch (klein) Kinder noch das Bedürfnis haben nahe bei der Bindungsperson zu schlafen.
Schlafen bedeutet eine Trennung – vom Tag, von den Geliebten Menschen etc. das kann Angst machen und am besten besiegt man Angst, indem man sie ernst nimmt und so darauf eingeht, dass sie verschwindet.
Wie die Lösung für eure Familie aussieht wisst nur ihr! Vielleicht haben Deine Kinder selbst gute Ideen? Vielleicht willen sie gemeinsam in einem Bett schlafen, vielleicht legst du dich eben doch jeden Abend dazu? Vielleicht schläft das Kind mit im Elternbett?
Fakt ist: wenn das Kind subjektiv etwas braucht, holt es sich das entweder, oder es verschleppt ein Defizit – und vermutlich ist es leichter es jetzt noch mit ins Elternbett zu nehmen, als wenn es dann vielleicht mal 12 ist 😉
Herzliche Grüße und alles Gute gegen die Monster!
Vielleicht die Sachen am Vorabend gemeinsam aussuchen und schon mal rauslegen? Ausserhalb der Box denken und sich auf die Idee einlassen, dass es geht ist oft leichter als gedacht fühlt sich aber gewohnheitsmäßig schwer an.
Ich kann das so gut verstehen, war bei uns auch ganz schlimm mit dem morgendlichen rausgehen, verstärkt vielleicht durch die Krankheit meines Kindes, ein periodisches Fiebersyndrom… und ich verstehe auch, dass frau nicht einfach mal Job wechseln kann, denn auch finanzielle Sicherheit haben zu wollen ist ein völlig gerechtfertigtes Bedürfnis. Aber was tun, wenn ein Kind sich nicht und nicht anziehen (lassen) will? Ich habs Anfangs aus Hilflosigkeit, Kraftlosigkeit, Mangel an Ideen und nicht zuletzt von außen verspürem Druck mit dem Einsatz aller meiner körperlichen Kräfte versucht. Am Ende ließ sich mein Kind von mir überhaupt nicht mehr anrühren und ich war am Ende meiner Kräfte. Dann hab ich das mit dem Krafteinsatz sein lassen und langsam haben wir wieder Vertrauen aufgebaut. Was dabei geholfen hat: Nachtwindel erst im Kindergarten wechseln, keine Pyjamas mehr verwenden, sondern Kleidung, die auch am Tag verwendet werden kann (bequeme Leggings…), schon mal die Tür aufsperren und das Anziehen nach draußen verlagern, dort, wo die Kleidung spürbar benötigt wird und Anziehtricks beibringen, so können auch Kleinkinder schon selbständig Jacke anziehen und dabei einen Trick vorführen. Hoffentlich war für Euch was dabei. Alles Liebe!
Ach, vielen Dank für die Anregungen – oft geht es wirklich darum, erstmal aus dem Kampfring auszusteigen!
Grüße, Ruth
Ich lese grad erst jetzt hier und muss sagen, Heihe, deinen Kommentar hier oben hätte ich schreiben können! Und ja, auch ich hab alles durch: Anschreien, weil mir die Hutschnur geplatzt ist, bei dem täglichen Klamottenkampf morgens, Süßigkeiten-Bestechungsversuche (meine Tochter dann so: „Ich will keine aber gar keineSüßigkeiten…!“ Oh, cleveres Kerlchen!) Bei diesen erzieherischen Maßnahmen habe ich mich immer so furchtbar gefühlt, weil ich etwas getan habe, was ich zutiefst ablehne, aber zu sehr unter Druck stand, beim Blick auf die Uhr, und versteckten alten Kindheitserfahrungen à la Druck muss sein „Das Leben ist halt kein Ponyhof“… Ich war dann verzweifelt, ohnmächtig wütend, alles zusammen. Und sah vor Lauter Frust weder das Kind noch gehbare Alternativen. Das Kind war dann aber auch fix und fertig und angezogen hat es sich aber auch immer noch nicht. Es ist nicht einfach andere Alternativen zu finden und jeder Tag hält eine Überraschung bereit, wo es diesmal am besten klappt, sich anzuziehen. Da wurde auch schon nur mit der Decke in den Kiga gefahren und der Rest dort erledigt. Es stresst mich schon noch, macht mich wütend, wenn es so ewig dauert und 5x doch noch mal gewechselt werden soll, aber langsam aber sicher klappt es ohne direkte/oder versteckte Druckmittel, sondern in Beziehung auf Augenhöhe und dem Unden. Ein zutiefst heilsamer Prozess für alle Beteiligten. Für den Moment und für all die Verletzungen aus der eigenen Kindheit in der Vergangenheit.
LG Britta
Man könnte die Klamotten am Abend aussuchen lassen und das Kind eine halbe Stunde eher schlafen legen, dann ist es morgens sicher auch eine halbe Stunde eher wach und man hat mehr Zeit 😉
Das funktioniert aber auch nur wenn das Kind wirklich eher schläft 🙈 funktioniert bei uns leider nicht. Ich hätte auch gern, dass sie früher schlafen, damit wir morgens mehr Zeit haben. Aber schlaf erzwingen funktioniert meiner Erfahrung nach nicht. Mein Großer tut sich sehr schwer abzuschalten und braucht einfach sehr lang zum einschlafen. Vor 21.00 Uhr ist (aktuell, während Sommerzeit) niemand im Bett. Ich reize immer noch die Bringzeit vom Kiga bis 9.00 Uhr aus. Aber ab jetzt ist er ein Vorschulkind und soll eigentlich um 8.00 gefrühstückt da sein. Da steht er aber oft erst auf 🤷🏻♀️ keine Ahnung wie das hinkriegen soll.
Gehorsam ist Gewalt. Das stimmt.
Selbstbestimmung ist der einzige Weg. Und Vertragsverhältnisse.
Kinderrechte. Eltern sind ihren Kindern verpflichtet, Geld zu zahlen, und Erziehung zu vermitteln.
Liebe Silja,
Was meinst du mit Vertragsverhältnissen? Ich persönlich glaube, dass die Kinderrechte weit mehr sind als die Elternpflichten. Und diese wiederum beziehen sich meiner Überzeugung nach nicht nur darauf, Geld zu zahlen. Erziehung ist nicht nötig 😉
Liebe Grüße, Ruth
Die genannten Beispiele könnte ich alle unterschreiben und sehe ich auch so. Trotzdem erwarte und fordere ich von meinem sechsjährigen Sohn in vier Punkten absoluten Gehorsam (und nur in diesen vier Punkten):
– nur mit erwachsener Begleitung am/im Fluss spielen
– nur mit erwachsener Begleitung an/auf der Schloss-/Stadtmauer spielen
– NIE-NIE-NIE, weder zu Fuss noch mit einem Fahrzeug auf die Autobahn
– mir oder der Hütefrau immer sagen wo/bei wem er spielen geht
Auf diesen vier Punkten bestehe ich und gewichte ggf. die Sicherheit höher als die freie Entfaltung. Mein Kind vertraut darauf, dass ich für seine Sicherheit sorge (-> siehe Kontinuum-Konzept) und ich würde die Beziehung zu ihm und sein Vertrauen in mich schädigen, wenn ich dieser Aufgabe nicht nachkäme!
Liebe Katharina,
tatsächlich gibt es bei uns auch ähnliche Dinge, die mir sehr wichtig sind. Meine Kinder sehen diese Dinge aber als total logisch an. Trotzdem ist es bei diesen Themen meine Verantwortung, für die Sicherheit meiner Kinder zu sorgen. Auf ihren Gehorsam und ihre Einsicht würde ich mich da nie ausschließlich verlassen.
Grüße, Ruth
Nein, bei so Kleinen kann man sich tatsächlich nicht darauf verlassen, dass sie immer an die Sicherheit denken. Trotzdem ist mir wichtig, dass mein Sohn relativ unbeschwert mit der Kinderhorde und seinen Kumpels im Dorf herumrennen darf, solange dies noch möglich ist. Man hat halt ein Auge drauf und interveniert nur wenn nötig. Bisher sind wir mit dieser Art der Erziehung gut über die Runden gekommen und weil er weiss, dass er beispielsweise im Flüsschen spielen darf, wenn er fragt und ich nie grundlos „nein“ sage, fragt er auch und geht dort nicht heimlich hin.
Ich habe den Artikel intellektuell verstanden, aber mir leuchtet etwas trotzdem nicht ein: Wenn ich drei Kinder habe und fahre Kind eins zum Flöten an einem Tag und zum Ballett am Nächsten und Kind zwei zum Singen und so weiter und so weiter, dann mache ich das ja auch (manchmal) ohne explizit LUST dazu zu haben. Sondern weil ich ihnen eine Freude machen will, es Ihnen ermöglichen möchte. Ich bin meiner Meinung nach aber nicht verpflichtet dazu es zu tun. Wenn ich also Aufgaben im Haus verteile, Kind1 deckt immer den Tisch, Kind 2 macht immer der Katze was zu essen ist das doch nur Fair, oder? Das Leben ist doch ein stetiges Geben und Nehmen, oder wie sollen Kinder sonst lernen, dass sie nicht der Nabel der Welt sind, für den gesprungen wird, die aber im Gegenzug nichts machen müssen, was sie nicht wollen?
Ich freue mich sehr auf deine Antwort. Grüße von Ni
Genau an diesem Punkt sind wir gerade auch. Mit drei kindern (ein baby und zwei schulkinder) gibt es sehr viel zu tun im Haushalt. Und wir Eltern brauchen die Hilfe der Großen, denn auch wir machen das alles nicht gern. Also bitten wir sie den Tisch zu decken oder abzuräumen und die Krümel wegzufegen. Wir erpressen sie nicht, aber es klappt auch nicht. sie haben nie Lust darauf und unsere Versuche, ihnen begreifbar zu machen, dass sie als Teil unserer Familie Verantwortung übernehmen sollen, damit es für alle einfacher wird, verstehen sie bestimmt, es ist ihnen aber auch herzlich egal. Ich habe tolle Kinder, sehr selbstständig und sozial. An diesem Punkt reiben wir uns aber sehr und er beinträchtigt unser Miteinander negativ, da wir Eltern unseren Unmut natürlich kundtun und meckern. Und das fühlt sich weder für uns noch für die Kinder gut an.
Liebe Be,
dann lasst es doch. Ihr habt die Arbeit sowieso – warum meckern und schimpfen? Das belastet eure Familie und eure Beziehungen. Ich bin mir sicher, dass ihr in 10 Jahre nicht zurückblicken und sagen werdet ‚ach, hätten wir nur mehr aufgeräumt!‘. Die Eltern, die ich kenne, bereuen eher, ihre Zeit nicht mehr ihren Lieben und ihrem Leben gewidmet zu haben.
Liebe Grüße, Ruth
Vielelicht liegt es daran das Ihr es den Kindern im Grunde genommen befehlt, es aber mit dem Wort „Bitte“ als Bitte tarnt. Ich glaube Kinder spüren sehr genau den Unterschied. Es könnte helfen es Ihnen zu erklären und Sie selbst aussuchen zu lassen wo Sie denken helfen zu können.
Wer Verantwortung übernehmen soll, möchte auch (einen Teil der) Gestaltungsfreiheit.
Nur Aufgaben auszuführen, ist was anderes.
Damit will ich sagen: Gemeinsame Verantwortung für das Abendessen würde erst einmal voraussetzen, dass man sich als Familie darauf einigt, wie man diesen Prozess gestalten will und wer welche Aufgaben übernimmt.
Wenn die Kinder an diesem Prozess beteiligt sind (und ja ebenfalls Hunger haben), ist die Chance hoch, dass sie auch Lust darauf haben.
Liebe Ni,
die Angst vor dem Verwöhnen treibt viele Leute dazu, ihre Kinder zu Gehorsam zu zwingen. Ich kann davon nur abraten – deine Kinder sehen und wissen, dass und was du zu tun hast. Und wenn sie freiwillig dazu beitragen ist das einfach schön.
Wenn du dich entscheidest deine Kinder irgendwo hinzufahren hast du dich dazu entschieden. Es ist ein Geschenk. Im Gegenzug für die Hilfe (die das Kind braucht – ohne dich wäre es aufgeschmissen und könnte da einfach nicht hin!) etwas zu erwarten ist kein Geschenk sondern Erpressung.
Ich mag dir empfehlen, diesen Gedanken loszulassen und freudig und aus dir heraus anzufangen, zu schenken. Und aufzuhören, Dinge zu tun, die du nicht tun willst!
Liebe Grüße, Ruth
@Ni:
Du kannst selbst bestimmen, ob du dein Kind zum Flöten fährst.
Die Formulierung „Ich mache das, ohne Lust darauf zu haben“ bedeutet auseinandergenommen, dass du es machst, obwohl es einige deiner Bedürfnisse nicht erfüllt (z.B. Schlaf, Ruhe), weil es andere deiner Bedürfnisse erfüllt (z.B. Geben, Menschlichkeit, Erreichen).
Diese Abwägung, ob man etwas nach Abwägung der Bedürfnisse tun möchte oder nicht, selbst treffen zu dürfen, gibt Autonomie. Die wollen Kinder auch.
Gut ist es, eine Verbindung zu den Kindern aufzubauen. Eine, die tragfähig ist. Ich hatte heute einen 8-jährigen Sohn bei mir, der aus eigener Motivation heraus mit mir einen Adventskranz gebunden, die Küche gefegt und ein anderes Zimmer komplett aufgeräumt hat. Die Alternative wäre gewesen, mit den anderen Kindern zur Partnerin – in der Erwartung, einen Film zu schauen. Ist natürlich nicht immer so. Aber er hat die ganze Zeit darüber philosophiert, dass es ihm eigentlich Spass macht. Er hätte auch Film schauen gehen können, aber irgendwie hatte er Lust, „die Küche zu schrubben“…
Ich denke nicht, dass Eltern ausschliesslich lustorientiert leben sollten und dann „erwarten dürfen“, dass die Kinder „auch mal was machen“. Ich denke aber – und damit habe ich auch gute Erfahrungen gemacht – dass man die Kinder auch bitten darf, etwas „für einen“ zu machen.
Gehorsam ist, dass es eine Ansage gibt, von der man erwartet, dass sie (bedingungslos) erfüllt wird, nicht hinterfragt wird und notfalls mit Macht durchgesetzt wird.
Wenn du es umkehrst, könntest du hinterfragen, was passiert, wenn ich:
– keine Ansage mache, sondern ausdrücke, was mir wichtig ist,
– ich den anderen nicht dazu zwinge, dafür eine Lösung zu finden
– dass es hinterfragt werden kann, und eine gemeinsame Lösung dafür gefunden werden kann
– eine Bitte stelle, diese auch mit „Nein“ beantwortet werden kann
– keine Erwartungen stelle, sondern die Anliegen der Kinder neben meinen Anliegen stehen können und gehört werden können
Zum Beispiel…
Liebe Ni!
Was ich in Liebe gebe und tue, da erwarte ich mir keinen Gegenzug.
Ich als Mama trage die Verantwortung, deswegen fahre ich sie zum Turnen. Ich verlange von meinem Kind keine Gegenleistung.
Ich nenne das Liebe.
Verlange auch von meinem Mann keine Gegenleistungen. Es ist ja mein Entschluß Dinge zu tun.
Ich freue mich über alles was meine Familie für mich tut, aber ich nehme es als Geschenk an.
Alles Liebe!
Liebe Ursi, herzlichen Dank!
Liebe ist immer bedingungslos.
Und wenn es etwas gibt, was der Erwachsene nicht leisten kann, dann kann er es auch (seinem Kind) kommunizieren.
Ganz geknickt habe ich alles aufmerksam gelesen und muss feststellen sehr viel falsch zu machen.Unser Sohn (7) hört aktuell überhaupt nicht. Egal was wir von ihm möchten er ignoriert es oder entgegnet ein nein. Er ist teilweise total aggressiv beißt schlägt oder tritt seine Schwester und flippt völlig aus. Egal ob wir es im ruhigen mit ihm versuchen oder (dann leider) auch herum schreien. Er lässt sich auf nichts ein. Es tut mir so unheimlich weh, weil er mir total leid tut wenn wir schimpfen-aber er kann doch mit seinem Umfeld nicht machen was er will?! Zu gerne würde ich locker lassen. Aber wenn er abends ins Bett soll, weigert er sich. Rennt durchs Haus macht alles nur nicht ins Bett gehen. Was soll man in so einem Moment tun? Ihn gewähren lassen?
Ich bin aktuell so ratlos und unglücklich weil ich im Innern weiß das wir unseren Sohn zu dem gemacht haben wie er ist 🙁
Liebe Julia,
oh, das ist ja ganz schön mutig, dass du dich hier so zeigst! Vielen Dank.
Ich erinnere mich total gut, wie ich an diesem Punkt war. Als ich begriff, dass nicht mein Kind, sondern ICH das Problem war, war ich am Boden zerstört. Damals habe ich mir therapeutische Hilfe gesucht, die mir sehr weitergeholfen hat.
Wenn Kinder nicht kooperieren, haben sie immer einen Grund. Hört ihr denn euer Kind? Wie seht ihr ihn? Wie geht ihr mit ihm um? Was denkt ihr über ihn?
Es klingt, als bräuchte er Hilfe.
Schimpfen bringt nichts – du sagst ja, er hört euch eh nicht. Schimpfen erniedrigt ihn nur weiter und beseitigt seine Probleme nicht. Empathie und Liebe und Zuhören hilft.
Ich bin ganz sicher, dass ihr einen Weg aus dieser Situation finden könnt. Mein ältestes Kind war 4 als ich aufhörte zu erziehen und hatte einige Jahre Erziehung ‚genossen‘. Es war ein langer Weg bis hier hin, aber er hat sich unendlich gelohnt. Heute ist das Verhältnis zu allen meinen Kindern von viel Vertrauen geprägt.
Wenn du Hilfe auf diesem Weg brauchst, kannst du mich gerne für eine Beratung anschreiben. Meine Kollegin Aida von elternmorphose.de und Lena von familienleicht.de beraten ebenfalls Eltern, die nicht mehr erziehen wollen.
Alles, alles Liebe euch!
Ruth
Wunderschöner Beitrag, liebe Ruth, ich bin begeistert. Liebste Grüße, Louise
Danke!
Ein schöner Artikel und in vielen Punkten gehe ich mit, auch wenn sie sich im stressigen Alltag nicht immer so umsetzen lassen 😉
Nun zu meiner Frage: zu Hause ist uns der Gehorsam unseres Großen (4 Jahre) nicht wichtig, bzw. legen wir viel Wert auf eine gute Beziehung und bedürfnisorientiertes Handeln. Das Problem ist, dass die Kita das total anders sieht… Ständig bekommen wir zu hören, dass wir konsequenter mit ihm sein sollen. Es gibt auch Auszeiten für ihn oder er wird kurzzeitig aus der Gruppe ausgeschlossen. Mir leuchtet ein, dass es in einer so großen Gruppe (36 Kinder) und einem derart schlechten Betreuunggsschlüssel einfach in der Gruppe klappen muss und nicht individuell auf jedes Kind und dessen Bedürfnisse eingegangen werden kann. Aber er tut mir da schon leid und ich merke, dass er sich öfter unfair behandelt fühlt. Wir fragen uns, ob diese krasse gegensätzliche Einstellung zu viel für ihn ist? Man will die Erzieherinnen ja vor dem
Kind auch nicht „schlecht machen“ oder deren Authorität untergraben. Eine andere Einrichtung kommt leider nicht in Frage (gibt keine Plätze in Wohnortnähe 🙁 ). Er geht ja auch gerne in die Einrichtung, aber ich sehe da nicht so richtig einen roten Faden in seiner Erziehung…
Hallo!
Oh je, das klingt aber blöd! Ich kenne einige Einrichtungen, die keinswegs mit Strafen wie Ausschluss (eine besonders fiese Art der Strafe, die dem sozialen Kind extreme Angst einjagt!) arbeiten, auch bei schlechtem Betreuungsschlüssel.
ich würde, da dein Kind zu leiden scheint, das Gespräch suchen und für mein Kind gerade stehen. Das ist nicht Konsequenz, sondern Gewalt! Schütze da dein Kind!
Dass sie gerne folgsamere Kinder hätten, glaube ich, ist ja so schön praktisch… Das ist aber nicht deine Aufgabe. Sie sollen dir die Arbeit erleichtern und dein Kind begleiten – so, wie es ist! Bestärke ruhig dein Kind darin. Dafür brauchst du die Erzieher_innen nicht klein machen.
Wenn dein Kind arg leidet und es irgendwie machbar ist, würde ich mich nach eine Alternative umschauen, falls kein Konsens im Gespräch gefunden wird.
Alles Gute! Ruth
Das klingt wirklich schlimm und ist eine existentielle Bedrohung für das Kind (ausgeschlossen zu sein)!
Er sucht eigentlich nur die Verbindung und möchte kooperieren. Aber irgendwann kann er einfach nicht mehr. Er muss auch gesehen werden.
Das klingt sehr traurig!
Vielleicht gibt es Kita Plätze in der Nähe wo du arbeitest?
Ich drücke Dir die Daumen, dass ein offenes Gespräch mit den Erzieherinnen hilft.
Denn sowohl der Mutter in ihre Erziehung, als auch das Kind aus der Gruppe ausschließen sind no gos.
Gewalt am Kind ist durch nichts, absolut nichts zu entschuldigen.
ihr könntet mal bei einem elternabend über gewaltfreie erziehung informieren.vielen eltern sind auch froh, wenn sie die „erlaubnis zum loslassen bekommen.
Liebe Ruth, ich kenne das Thema mit der Gartenarbeit. Jedoch war es in meinem Fall der allsonntägliche Kirchenbesuch. Samstags hatten wir einen Samstags-Plan am Kühlschrank hängen, der abgearbeitet werden musste 😉 Heute lache ich drüber, damals als Kind fand ich es schrecklich. Unsere Kinder sind so abhängig von uns. Wir dürfen einfach nicht unsere Macht ausspielen, die wir (noch) haben. Spätestens wenn die Kinder größer sind, wird sich das rächen. Meist jedoch schon früher, in Form von Verhaltensauffälligkeiten, wie nicht hören wollen oder noch schlimmer: Aggressionsverhalten. Da hilft dann womöglich tatsächlich nur noch fremde Hilfe. Ich persönlich tue mich noch ein bisschen schwer damit, einfach komplett loszulassen, also geschehen zu lassen. Platz zu machen für die natürliche Lösung. Ich gestalte unseren Alltag (unser Sohn ist 19 Monate alt) quasi ohne Termindruck, so dass wir flexibel sind und ich keinen Druck auf ihn ausüben muss. Bisher klappt es ganz gut. Ich freue mich darauf, mehr über das Thema „unerzogen“ zu erfahren auf Deinem Blog. Also bis ganz bald, liebe Ruth, Deine Jenniffer PS: Ich mag Deinen Schreibstil!
Liebe Jeniffer,
oh ja, das Loslassen und ‚mit dem Flow gehen‘ ist wirklich eine Kunst. Das darf ich auch noch täglich üben!
Grüße an dich!
Ruth
Erwachsen werden bedeutet in meinen Augen schrittweise zu lernen, die Triebhaftigkeit zu überwinden, die hinter dem Gefühl steht, „keine Lust auf dasunddas“ zu haben. Die Kinder altersgerecht an die Anforderungen des Lebens heranzuführen ist in meinen Augen eine der Kernaufgaben der Eltern. Dazu gehört es auch zu akzeptieren, dass über bestimmte Abläufe und Pflichten nicht je nach Stimmung diskutiert wird. Je jünger die Kinder sind, um so mehr Freiräume haben sie natürlich, aber wie lernen sie denn jemals, dass sie vor einer ungeliebten Mathearbeit lernen müssen, wenn sie immer nur das machen dürfen, was sie sich selbst aussuchen? Der gern gebrachte Einwand, das käme ja von allein, erscheint mir unrealistisch. Ich bin selbst eher „lasch“ erzogen worden und habe den Punkt, an dem ich „Lust“ auf Gartenarbeit habe, in meiner Jugend nie erreicht. Ich hatte Lust Fußball oder Computerspiele zu spielen, aber sicher keine Arbeiten zu erledigen. Ähnlich erleben wir es bei unseren bedürfnisorientiert erzogenen Teenies – sie haben selbst den Wunsch geäußert, Hilfe bei der Entwicklung von Disziplin zu bekommen, weil sie sich nicht gut überwinden können. Das ist aber ein Kampf und sicher wäre es nie so weit gekommen, wenn wir als Eltern nicht das Gefühl geäußert hätten, dass die dauernde Ignoranz unserer Bedürfnisse sich wie Missachtung anfühlt. Wir tun unseren Kindern keinen Gefallen, wenn wir ihnen nicht helfen, das Erfüllen der Anforderungen des Alltags zu erlernen. Wir sind uns sicher einig, dass verbale, soziale oder körperliche Gewalt nicht das Mittel der Wahl dafür sein kann – aber das Erlernen von (Selbst-)Disziplin als Gewalt zu definieren widerspricht in meinen Augen einem wichtigen Erziehungsziel: nämlich unsere Kinder dabei zu unterstützen, zu glücklichen und selbstbewussten Menschen zu werden. Spätestens wenn ihnen – wie mir vor fast 20 Jahren – elementare Fähigkeiten fehlen, weil sie nie Lust hatten, diese zu erlernen, werden sie weder glücklich noch selbstbewusst sein. Aber vielleicht war ich als Kind einfach auch besonders faul 🙂
Hallo!
Das ist aber schade, dass du den Eindruck hast, Zwang (egal, wie nett du ihn verpacken möchtest – es ist Zwang) gebraucht zu haben. Ich glaube, du hast Hilfe und Beziehung gebraucht.
Die Idee, dass Menschen Dinge möglichst früh lernen müssenn, halte ich für eines der schlimmsten Ideen, die große über kleine Menschen haben. Du hast die Dinge ja gelernt, als du sie brauchtest, oder? Mühsam ist das nur, wenn es gegen den eigenen Willen und um anderen zu gefallen geschieht.
Deine Erlebnisse mit nicht erzogenen Menschen kenne ich eher von Menschen, die im sogenannten ‚laissez-faire‘ Stil erzogen wurden. Ich denke, dass du den auch meinst, wenn du von Erziehungszielen sprichst. Unerzogen hat kein Ziel, nur Beziehung.
Alles Gute dir!
Ruth
Liebe Ruth,
ich habe vor kurzem deinen Blog entdeckt und bin begeistert!
Nur leider schaffe ich es (noch) nicht, das alles im Alltag umzusetzen. Ich bin in vielen Situationen unsicher, wie ich mich verhalten soll und ich denke diese Unsicherheit merkt mein Kind (16 Monate). Das Thema Essen haben wir auch. Sie isst recht wenig und verweigert das Meiste. Es gibt vielleicht drei Gerichte, die halbwegs OK sind. Die gibt es halt meistens. Und manchmal verweigert sie auch das. Heute z.B. habe ich ihr am Ende ne Flasche gegeben, weil sie den ganzen Tag fast nichts gegessen hat und die ganze Zeit am quengeln und weinen war (vermutlich Hunger). Sie hat sie dankend angenommen. Mir wurde gesagt, dass sie in dem Alter nicht mehr so viel Milch trinken soll, wegen zu viel Eiweiss. Deshalb bekommt sie nur mehr morgens, vorm schlafen gehen und einmal Nachts eine Flasche. Und tagsüber haben wir den „Kampf“ mit dem Essen. Ich weiß nicht mehr was ich ihr noch alles anbieten soll. Neues verweigert sie sowieso. Sie will nicht mal probieren.
Das nächste Thema ist das Wickeln. Sie hat einen empfindlichen Po und ist gleich mal rot, wenn ich nicht zeitnah wickle. Dann schmerzt es beim Wickeln. Ich habe versucht es ihr zu erklären – gleich wickeln, alles gut; warten, roter Po und aua. Aber ich glaube sie versteht das noch nicht. Ich lasse sie meist selbst bestimmen, wann sie gewickelt werden will. Manchmal kommt sie, manchmal nicht. Und dann bin ich ungeduldig und wickle sie trotzdem 🙁 Was würdest du mir raten, wie soll ich mit solchen Situationen umgehen?
Und dann ist das noch mein Mann. Der meint in dem Alter kann ein Kind noch nicht selbst übers wickeln bestimmen und da muss man einfach „drüberfahren“. Ich habe ihn gebeten deinen Blog zu lesen. Damit wir dann darüber diskutieren können. Weil ich mit ihm an einem Strang ziehen will. Doch er weigert sich. Sagt, das ist doch nur eine Meinung und er hat selbst eine Meinung. Er weiß wie er sein Kind erziehen will. Und dass unser Kind mir mal auf Nase rumtanzen wird, wenn ich so weitermache. Wie kommt das beim Kind an? Der Vater so, die Mutter so?
Liebe Maria,
dein Kind ist noch ganz, ganz klein – beinahe noch ein Baby. Es ist vollkommen normal und okay, dass es z.B. den Zusammenhang mit dem Wickeln und dem wunden Po nicht begreift. Wie sollte sie auch? Lass ihr Zeit. Bis dahin würde ich kreativ werden: Im Sommer kann die Windel weitestgehend weg bleiben – oder du bietest eine Wanne mit Wasser an, um den Po sauber zu kriegen und wäschst beim plantschen. Oder du lenkst das Kind ab und bietest etwas Spannendes an beim wickeln. Oder ihr wickelt im Stehen, im Gehen… Wie und wo auch immer.
Ich würde schauen, dass du alles, was rund um den Eingriff in die körperliche Autonomie, den Wickeln darstellt, so angenehm wie möglich machst. Und den evtl vorhandenen Frust begleitest.
Zum Essen empfehle ich ‚Mein Kind will nicht essen‘ von C. Gonzales. Das Verhalten deines Kind ist vollkommen normal! In diesem Alter stillen Kinder evolutionsbiologisch gesehen noch zum allergrößten Teil. Keine Sorge, dein Kind wird bestimmt essen 😉
Wenn dein Partner weiter erziehen will, ist das natürlich ganz seine Entscheidung. Ich empfehle, dass du einfach das lebst und tust, was du gut findest. Und er macht seines. Spätestens, wenn er selbst so behandelt wird – in Liebe und Respekt – wird er spüren, wie schön das ist 😉 . Lass ihm seinen Weg. Unerzogen leben heißt auch, mit ALLEN Menschen so umzugehen. Es ist eine Haltung.
Falls du auf deinem weiteren Weg Hilfe brauchst, biete ich auch Beratung an. Da können wir die Themen noch tiefergehender behandeln.
Liebe Grüße, Ruth
Beispiel mit Ergebnis
Hallo! Ich bin bereits 33 Jahre alt, meine Geschwister 35 und 24. Jetzt da ich selber ein Kind habe, beleuchte ich unsere Erziehung immer wieder auf das Ergebnis: uns drei Geschwister heute. In vielen Punkten könnten wir unterschiedlicher gar nicht sein, auch wenn unsere Eltern uns immer gleich behandelt haben. Bei uns wurde nie Gehorsam gefordert. Es gab höchstens die Bitte im Haushalt, Wald oder ähnliches zu helfen. Ich hab das immer gern getan, auch freiwillig one gefragt zu werden. Hab die Arbeit gesehen und versucht mir einzurichten sie zu erledigen. Meine Schwester war immer in Zeitnot oder eh nie da und mein Bruder hat die Dinge zwar getan wenn man gefragt hat aber immer ein mürrisches Gesicht gezogen, so dass meine Eltern immer das Gefühl haben sie bürden ihm was auf. Heute bitten sie uns nur noch selten um was und wir sind alle so geblieben wie wir als Kinder waren: Wir helfen alle, ich freiwillig, meine Schwester ist nie da und mein Bruder wird nur sehr selten gefragt da meien Eltern immer noch ein schlechts Gewissen haben wenn sie es tun. Auch wenn sie sehen, dass er Zeit hat. Der Grund warum ich das nun schreibe: Ich hätte natürlich gerne dass meine Tochter aufmerksam wird was die Arbeiten angeht, die in der Gemeinschaft anfallen und außerdem mit Freude hilft. Damit es allen gut geht! Nur wie erreiche ich das? Wenn ich auf mich und meine Geschwister blicke, habe ich das Gefühl dass wir (Eltern) da vermutlich wenig Einfluss haben. Oder besser gesagt es gibt so viele Einflüsse (Gene miteinbezogen) dass es Zufall wäre wenn meine Tochter gerade auf meinen Impuls so reagieren würde damit das „gewünschte Ergbnis“ dabei raus kommt. Ich versuche somit von meiner Tochter keinen Gehorsam zu fordern, sondern versuche Ihr die Dinge vorzuleben. Müll runter bringen macht Spaß, Kochen, Tisch decken, Brennholz machen…auch. Und ich hoffe, dass sie diese Dinge dann einfach übernnimmt. Weil sie normal sind. Von anfang an.
Da sie noch sehr Jung ist (2) funktionieren da natürlich die meisten Dinge noch nicht selbständig und wir machen die Dinge eben zusammen. Wen nsie alt genug ist findet sie es dann vieleicht toll auch mal allein zu gehen… ich bin gespannt ob der Plan des „Vorlebens“ aufgeht.
Ich finde „unerzogen“ eine sehr gute Theorie, praktisch nimmt man ja aber immer an der „Erziehnung“ seiner Kinder teil. Wenn nicht aktiv, dann eben passiv!
LG!
Hallo!
Vorleben, damit das Kind das dann auch so macht ist ja auch Manipulation um das gewünschte Ergebnis zu bekommen 😉 … Das ist eben der Unterschied: Wenn ich ohne Erziehung lebe verzichte ich darauf, etwas zu tun DAMIT mein Kind dann dies oder jenes macht oder wird.
Leben ohne Erziehung ist keineswegs passiv. Erziehung ist Manipulation (mit den besten Intentionen!). Wenn ich darauf verzichte, gestalte ich die Beziehung ganz aktiv. Nur eben ohne Ziel, sondern getragen von Werten.
Grüße, Ruth
Erziehung = Gewalt????
Liebe Ruth,
Ich hab ein paar Artikel gelesen und bin total verunsichert. Ich glaube ich habe den falschen Beruf gelernt..ich bin Erzieherin und erziehe nun mal 12 krippenkinder so 8/ 9 h am Tag. Ich weiß nicht wie ich einige Vorschläge in meinen Alltag integrieren soll…Wir haben eine gewisse Struktur die eingehalten werden muss, weil sie ja auch Struktur brauchen. Läuft mal was anders, sind sie total verwirrt oder weinen. Die Kinder müssen auf mich hören damit der Alltag für alle gut abläuft ohne das man in Stress gerät und dadurch gereizt ist. Ich kann da nicht auf 12 unterschiedliche Bedürfnisse gleichzeitig eingehen. Wenn wir frühstücken, dann sitzen wir auch alle am Tisch, auch wenn ein Kind nix essen will und lieber spielen will. Was wäre los wenn jeder macht was er will???Es hat auch viel mit Aufsichtspflicht zu tun wo ich Kindern was verbiete oder sie ständig ermahnen muss zu irgendwas. Das lässt sich leider nicht alles so vermeiden. Ich ärgere mich auch über die Eltern die ihre Kinder in watte packen, sie sowas von verwöhnen in jeglicher Hinsicht und inkonsequent sind.Denn wir haben alles auszubaden… So schön wie deine Tipps auch sind.( obwohl ich einigen auch kritisch gegenüber stehe) Von einigen kann ich noch lernen und du hast mir da auch in paar Dingen die Augen geöffnet aber bei vielen Dingen sehe ich mich in der kita und weiß das es so nicht funktionieren würde. Ich denke in einer Familie ist es vielleicht was anderes und eher umsetzbar.
Was denkst du also wie man als Erzieherin nicht erziehen kann im Blick auf den hohen erzieher Schlüssel?braucht man deiner Meinung die Ausbildung zur Erzieherin? Hast du schonmal in einer Krippe / Kindergarten gearbeitet?
Freue mich auf Antwort;)
Liebe Luise,
ich freu mich so, dass du hier gelandet bist! So ganz nebenbei kann ich all deine Fragen nicht beantworten – aber ich mag dich ermutigen! Die Gedanken ‚was wäre, wenn…‘ und andere Zukunftsängste sind immer ein Indikator für Erziehung. Lass sie mal weg und schau auf die Situation selber. Nein, es geht nicht alles, aber ganz, ganz vieles und es gibt Jahrzehnte antipädagogische Praxis (‚Kinderläden‘ wäre da ein Stichwort, oder Sudbury Schulen), die das belegt.
Ich habe noch nie in einer Betreuungseinrichtung geabeitet, wäre aber wahnsinnig neugierig, das zu tun. Die Idee ist immer die gleiche – weg von ‚man muss‘ und hin zur Beziehung und der Klarheit im Jetzt.
Grüße und weiterhin alles Gute!
Ruth
Übrigens…super Artikel! Das mit der Manipulation ist sehr wichtig!
Also wenn alle Eltern so handeln würden, dann wäre es für die erzieher noch viel anstrengender als es jetzt schon ist. Denn es läuft da nun mal anders als Zuhause. Also lasst eure Kinder dann bitte zu hause. Noch mehr Stress vertragen wir nicht. Wäre eine große Hilfe danke 😉
Liebe Luise,
zum Glück gibt es zahlreiche Betreuungseinrichtungen, die das ganz und gar nicht so sehen und da auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft sind. Nicht gehorsame Kinder sind nur nicht gehorsam, nicht nicht sozial. Sie fallen sogar oft durch ihre hohe Kooperationsbereitschaft auf. Ich kenne Einrichtungen, in denen nicht zum Gehorsam erzogen wird und da geht es ganz friedlich und gesittet zu, keine Sorge.
Grüße, Ruth
Es ist eine so eigenartige Bitte und ich hoffe, dass meine Kinder niemals in die Hände von „Erziehern“ oder Lehrern geraten, die solch eine Meinung vertreten. Ich denke, ich kann das Anliegen dahinter verstehen („es soll für die Erwachsenen funktionieren“), aber das darf eben nicht auf Kosten der Kinder passieren. Zu viel macht das kaputt. Ich habe das Glück, dass meine Kinder in den Waldorfkindergarten, bzw. -schule gehen können und dort andere Werte als „Gehorsam“ und „Funktionieren“ für den Zusammenhalt sorgen. Auch dort gilt: Es hängt an dem Menschen, der die Beziehung gestaltet, aber die Rahmenbedingungen sind andere. Und selbst in diesem Umfeld sind die Kinder gestresst, da es immer noch ein System ist, in dem viele gleichaltrige Kinder in Gruppen zusammengepfercht sind.
Liebe Ruth,
ich bin froh, Deine Seite gefunden zu haben, die Texte sind wirklich inspirierend und fantastisch! Ich habe vor ganz viel von Deinen Denkanstössen anzuschauen und umzusetzen…
Zum obigen Thema „Gehorsam“ muss ich leider feststellen, dass die Institutionen (in unserem Fall Schuel und Sportverein) Gehorsam unter dem Deckmantel „RespekT“ verstecken. Mir begegnet nämlich immer wieder die Aussage „Ihr Sohn hat zu wenig Respekt“ vor diesem und jenem,,,,, sie meinen damit aber, dass er nicht „hört“ ergo „gehorsam Befehle ausführt!!! Sondern oft und gern (auch in Gruppen) seine eigene Meinung rausposaunt… nun ja, manchmal vielleicht auf meckerige Art 😀 aber er sagt halt immer was er denkt, er ist authentisch!! Was für eine Krux in unserer Gesellschaft. Mich ärgert das sehr.
Als respektlos habe ich ihn wirklich noch nie erlebt, er ist zu Mensch und Tier herzensgut, immer! Er mag keine Fleisch (die armen Tiere) er hat einen guten Freund der im Rollstuhl sitzt, er ist gern ein perfekter Gastgeber (wer hat noch Durst???!!))… die Aussage kann ich also null bestätigen.
Wie kann ich ihn bloß unterstützen, sagen, dass seine Art zu sein perfekt ist, eben weil er so ist wie er ist? Respekt, pah!! Das Wort wird echt mißbraucht!
Lg
Anika
Liebe Ruth,
ich bin auch Erzieherin, auch in einer Kindergruppe mit Krippenkindern.
Und natürlich ist nicht ALLES umsetzbar, muss es ja auch nicht. Kindergärten sind ganz andere Institutionen als ein Zuhause.
Trotzdessen ist vieles machbar, eine Frühstückssituation ist so viel entspannter und schöner wenn niemand gezwungen wird sonder jedes Kind von selber entscheidet wann und wieviel es essen will.
Und ehrlich gesagt sind mir die Eltern die entspannt und ausgeglichen und Kindorientiert viel lieber als jene die vor meinen Augen Ihre Kinder anschreien und ‚Züchtigen‘, das finde Ich immer so unerträglich.
Natürlich sind solche Einstellungen bei den meisten Erziehern noch nicht angekommen und noch weniger in den KiTa Konzepten aber viele meiner Kollegen sind ähnlicher meinung und alte Konzepte werden immer mehr umgewälzt.
Wirklich ein toller Blog mit vielen tollen anstößen !!
Hallo Lea,
vielen Dank! Schön, dass meine Arbeit auch in deinen Alltag einfließt!
Grüße, Ruth
Vielen Dank für diesen Artikel und alle anderen 🙂
Darf ich fragen wie du es mit der Schule machst? Allein Die Schulpflicht und tägliche Anwesenheitspflicht unterliegt ja einem Gehorsam. Wie kann man Kinder in dieser Sache ihre Selbstbestimmtheit waren? Wenn Kinder nicht in die Schule wollen ?
lG
Michaela
Es gibt auch in Deutschland viele Freilerner-Familien. Manche machen das heimlich, andere werden geduldet, andere schlagen sich mit Gerichtsverfahren rum. Es gibt Vereine, die einen da unterstützen. Manche verlassen auch das Land. Für mich sind Demokratische Schulen eine vertretbare Alternative.
Noch eine Idee von mir:
„Erziehung“ heißt: Ich weiß, wie es richtig ist und ich will dich so haben, wie ich es für richtig halte.
Das geht davon aus, dass das Gegenüber irgendwie „weniger“ ist als ich.
„Beziehung“ heißt: Ich zeige, wie ich bin, was mich ausmacht, was meine Bedürfnisse sind, was mir wichtig ist und ich habe das Interesse, das Gleiche von dir zu erfahren.
Es gibt oft das Missverständnis, dass wir die Kinder schon kennen, die hierher kommen. Das stimmt aber gar nicht.
Lieber Marcus,
Objektivierung ist das Stichwort. Das Gegenüber wird zur scheinbar beliebig formbaren Masse.
So ein schöner Beitrag, da sollten sich manche Eltern eine Scheibe abschneiden, wenn man teilweise diese unerzogenen Kinder sieht 🙂
Hallihallo 🙂 da brauche ich wohl einmal einen persönlichen Besuch bei uns zu Hause. Bei uns ist es offensichtlich hoffnungslos! Für mich zumindest.
4 Kinder, 4 Mädchen, davon 2 ältere mit in die jetzige Beziehung gebracht. Meine zwei älteren Töchter sind 14 und 12 Jahre. Meine 12 jährige Tochter ist eigentlich das Problem………das ich eigentlich gar nicht so nennen mag, weil es mir ja weh tut! Obwohl ich sage nun mal………Liebe kennt keinen Schmerz und kein Leid, Liebe ist!
Schon als unsere 12 jährige noch klein war, ging der komplette Alltag, jeder Ausflug, ganz egal, er wurde nach ihr gerichtet. Wenn ihr was nicht passte, war sie im Stande 2 Stunden im Auto zu prüllen. Somit war der Tag für uns alle erledigt. Und heute sind wir zu 6. in der Familie und es ist immer noch so. Sie sitzt am Esstisch und keiner mag mehr etwas erzählen. Wir machen einen Ausflug und sie schreit, dass sie nach Hause will und das sofort. ( Das zieht sie so lange durch, bis wir alle gern fahren). Ich habe meine älteren Kindern wortwörtlich erzogen! Leider ( was mir richtig, aber richtig weh tut) ABER das Leben ist ja bekanntlich zum lernen da. Vor einigen Jahren wollte ich nicht mehr erziehen sondern einfach mit Liebe und Respekt miteinander umgehen. Es funktioniert einfach nicht. Ganz normale Dinge wie Zähneputzen werden einfach nicht gemacht. Und das nicht einen Tag nicht sondern wenn dann mehrere Tage nicht. Bis ich dann was sage. Dann werde ich angeschrien. Das Duschen gehen ist jeden Tag ein Kampf. Meine Tochter geht in die Schule und wenn ich ihr tatsächlich das durchgehen lasse, wird sich das Jugendamt bei mir melden. Habe zwar keine Angst, werde aber auch dort mitteilen müssen, dass sie all die Dinge einfach nicht machen will!
Viele schreiben hier von kleineren Kindern. Wenn ich das ALLES, was hier geschrieben ist, von Anfang an anwende wird sicher eine wunderschöne Eltern-Kind Beziehung entstehen.
Aber wie mache ich das mit einen 12 jährigen Mädchen, das von vornherein zu allem NEIN sagt. Sich nicht waschen will, nicht Zähne putzen, nur lügt. Wochenlang in ihrem Zimmer vor dem Handy sitzt?
Sie will einfach nichts machen. Egal was ich frage, wie ich frage. NEIN ist die Antwort. Sie eckt auch mit ihren Freunden an, mit meinem Vater den sie kaum sieht. Ihre Gefühle sind nicht vorhanden…….irgendwie kommt mir vor, sie hat einen Mauer um sich gebaut. Ich könnte hier stundenlang schreiben und von einen Thema zum anderen hüpfen. Hoffe, dass auch verstanden wird, was ich hier schreibe.
Hoffe auf eine winzig kleine Hilfe. Als Mama sieht man immer das GUTE in seinem Kind.
Alles Liebe
Irene
Liebe Irene,
was für ein klares Kind und was für eine Lernaufgabe für euch! Wie schön!
Ich kann mir gut vorstellen, dass sie durch die vielen Jahre Erziehung erstmal wieder Vertrauen aufbauen muss. Das würde ich ganz langsam gehen, den Weg. Schritt für Schritt. Jede freundliche Geste, jede runtergeschluckte Bemerkung, jeder nicht erfolge Wutanfall von dir ist eine Feier wert! Geh langsam. Aber geh.
Neben der Trauer um das, was du unwissentlich falsch gemacht hast und heute anders machen willst (die wirklich wichtig ist, damit du loslassen kannst) würde ich auch schauen, wie du Freude an ihr gewinnen kannst – gestalte die Momente mit ihr bewusst, interessiere dich für das, was sie interessiert. Sprich mit ihr und hör ihr zu, wenn sie spricht.
Nein, ungeschehen kannst du nichts machen. Aber du kannst heute, jetzt und hier auf den Weg gehen und die Mutter sein, die du sein willst.
Grüße, Ruth
Oh Mann… Was soll ich sagen! Ich bin sooo erleichtert endlich Menschen zu finden, die so denken und fühlen wie ich. Ich bin so dankbar dafür! Meine Tochter ist jetzt fünf und ein ganz besonderes Kind, also vor allem für mich? seit ihrer Geburt quäle ich mich mit Erziehung und besonders meine Tochter! Oft habe ich das Gefühl dass das alles sinnlos und nicht notwendig ist. Sie ist toll einfach dadurch, dass sie IST! Und genau das will ich ihr vermitteln. Mehr nicht! Aber leider kommt mir oft genug die Erziehung dazwischen und immer wieder dieser innere Druck Normen und Regeln der Gesellschaft und auch der eigenen Familien genügen zu müssen. Und am Ende leidet der wichtigste Mensch in meinem Leben! Danke fürs Mut machen Erziehung einfach zu lassen! Ich werde mir das immer wieder zu Herzen nehmen und meine Kind begleiten statt zu führen! Mein Instinkt hat mir das schon immer so gesagt, aber erzogen wie ich bin, vetrau ich ihm nicht immer! Ich will endlich selbstbewusst unerzogen leben! DANKE!…
Liebe Sophie – gerne! Ich wünsche dir ganz viel Mut und Geduld!
Grüße, Ruth
Ach ja, wie schön nochmal genau daran erinnert zu werden. Danke!
Ich tue mir manchmal so schwer damit und fange dann diesen ganzen Mist mit Erpressungen an. Dann kommt direkt dieses unwohle Gefühl hoch und ich bin dann auch bereit mich für mein Verhalten bei meinem Kind zu entschuldigen. Klar wäre es besser, wenn ich es ganz lassen würde (klappt bei mir leider nicht immer), aber mein Kind ist so verständnisvoll, dass sie meine Fehltritte verzeiht und wir dann gemeinsam neue Lösungen finden können.
Ich bin schon eine Weile sehr gestresst, weil ich für meine Lage noch keine Lösungen gefunden habe und das weiß mein Kind auch. Ich denke, dass reden auch viel bringt – ok, mein Kind ist 5 Jahre alt und versteht schon sehr viel.
Genial wird es allerdings, wenn man sich darauf einlässt, dass es ein Spiel ist. Einfach versuchen das Leben als Spiel zu sehen und dann kreative Lösungen finden.
Mein Kind will sich mit seinen 5 Jahren morgens nicht anziehen. Das hat mich anfangs sehr gestresst. Heute ziehe ich sie einfach an und sie genießt es, dass ich ihr diese Zuneigung gebe. Es gehört einfach zu unserem morgendlichen Ritual dazu. So beginnt der Tag schon viel entspannter.
Wenn es mir nicht gut geht, dann sage ich es ihr und das versteht sie auch. Dann gibt sie mir einfach Zeit und tut Dinge für die sie mich nicht braucht.
Wie gesagt, ich bin noch lange nicht so weit, dass es nicht auch mal wieder eskaliert und ich blöde Dinge tue…ABER…ich darf jeden Tag dazu lernen und muss mich nicht dafür bestrafen, dass es ab und an eben blöd läuft. Ich glaube, dass mir das auch sehr hilft gelassener und immer mehr authentisch, freundlich zu sein – mein Kind sein zu lassen wie es ist und seine Wege gehen zu lassen um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Vielleicht sollten wir öfter mal an uns denken und unsere Bedürfnisse betrachten um dann auch die Bedürfnisse unserer Mitmenschen wahren zu können.
Dieser Blog ist echt spannend und regt einen zum Denken an. Danke schon einmal dafür.
Jetzt hätte ich aber zwei konkrete Beispiele, welche bei mir aktuell sind und ich manchmal wirklich nicht weiss, wie reagieren:
Die Situation mit dem Zähneputzen hat bestimmt schon jeder erlebt. Ich habe das Zähneputzen auch schon weggelassen, ich singe Lieder oder meine Tochter darf sich etwas dazu anschauen. Was mache ich jedoch, wenn sie öfters die Zähne nicht putzen möchte, was in letzter Zeit ab und zu vorkommt?
Das Zweite wäre, das Hauen. Wie bringe ich sie dazu, mich nicht mehr zu hauen, denn das ist etwas, was ich nicht möchte. Wenn ich ihr dies so kommuniziere, interessiert sie das überhaupt nicht und sie schlägt einfach weiter. Wie kann ich darauf reagieren?
Marion,
schade, dass keine Antwort mehr kam.
Die Antwort hätte mich auch sehr interessiert.
Ich denke, das Hauen ist in erster Linie ein Versuch, innere Anspannung loszuwerden oder ein Akt der Verzweiflung. Oft Weinen Kinder dabei ja auch. Ich weiß leider nicht, wie alt deine Kleine ist. Deshalb ist es schwer einen Rat zu geben. Wenn sie schon versteht, dass sie Schmerzen verursacht, würde ich diese auch deutlich zeigen. Eventuell kann man ein Kissen zum Abreagieren anbieten und dann versuchen beruhigend einzuwirken. Wichtig wäre zu verstehen, was so einen Ausbruch überhaupt erst auslöst. Dann könnte man vielleicht schon etwas verändern, bevor die Situation für sie so dramatisch wird.
Das Zähneputzen könnte beispielsweise etwas spannendes oder spielerisches bekommen. Ein besonderes Spielzeug oder eine Handpuppe, die das Putzen „übernimmt“ vielleicht.
Auf jeden Fall kann man als Mama deutlich machen, dass man sich um die Zähne sorgt, egal ob man sich dann für Zwang oder ein irgendwie geartetes Aushandeln oder Überreden entscheidet. Auch bei einer unbeliebten Entscheidung, kann man in Kontakt (Beziehung) mit dem Kind bleiben und mutiert nicht automatisch zum Gegner des Kindes..
Ich bin immer wieder überrascht was für tolle Beiträge du schreibst! Vielen Dank
Liebe Ruth,
Danke für den tollen Artikel.
Ich bin gabznneunin dem Thema drin und Frage mich wie ich es bei mir wichtigen Sachen machen soll.
Zum Beispiel nicht einfach auf sie Strasse zu rennen oder momentan aktuell beim Essen Lebensmittel auf den Boden werden. Mein Sohn ist 17 Monate alt.
Ich bekomme momentan drück von der Familie das ich ihm jetzt endlich beibringen muss vernünftig zu essen bzw wenigstens es hinzu bekommen das er das essen nicht auf den Boden schmeißt.
Ehrlich gesagt nervt es mich mittlerweile auch sehr. Doch alle Versuche ihm das abzugewöhnen scheitern…
Wenn du nicht willst, dass er in dem Alter Essen auf den Boden wirf, dann gib ihm kein Essen ;-). Seine Reaktion ist sowas von normal. Kinder entdecken so die Welt.
Ich/Wir haben da dieses Problem mit rausgehen generell… mein Grosser will lieber drin spielen, tagelang. Auch wenn es ihm draussen meist genau so gefällt wenn wir mal los sind. Aber er wehrt sich immer dagegen – ich habe noch keine Lösung gefunden. Uns ist das Rausgehen sehr wichtig und das weiss er auch…
Leider ist es Realität dass diese Erziehung nicht immer so klappt. Man muss schon im Lotto gewonnen damit man ein Kind hat dass von Anfang an bis zum Ende (also mit 25, denn bis dahin hat man die Kids an der Backe) alles so reibungslos läuft wie man es sich ausmalt.
Die Realität ist aber anders. Allerspätestens wenn es dann in die trotzphase oder Pubertät geht. Man müsste dann schon die alten familien-konzepte wahren wo es einen hauptverdiener gibt und der andere sich 100% um die Familie kümmern kann. Dann hat man mehr als genug Zeit sich ganz auf die Kinder antiautoritär einzubringen ?
Und ich finde dass es auch keine Erpressung ist. Meine Eltern haben mir auch mein Taschengeld mit Hausarbeit gekoppelt. Mein erstes Taschengeld bekam ich in der ersten Klasse. Voraussetzung: Zimmer sauber halten, die Wäsche selber ins Wäschekorb tun und hinter sich aufräumen und die Hausaufgaben machen. Von einem Erstklässler kann man schon mal verlangen dass er das allein kann. Sie waren aber auch nie genervt oder böse wenn ich nach Hilfe fragte und halfen auch. Wenn ich es auf Dauer nicht machte oder nicht nach Hilfe fragte wurde es zuerst angekündigt dass sie mir sonst das Taschengeld kürzen oder streichen würden, haben mir eine Frist genannt und wenn ich mich nicht gehalten hab gab’s weniger oder gar kein Taschengeld. Die schimpften also nie mit mir sondern sagten klipp und klar dass das sonst die Konsequenz ist. Weil wenn ich nicht in der Lage bin mich um so simple Sachen zu kümmern dann würde ich auch nicht mit Geld umgehen können.
Und jedes Jahr kam mehr Verantwortung und auch mehr Taschengeld. Das hatte nichts mit erpressen oder sonst was schädlichem zu tun. Sondern damit dass ich lerne in Zukunft selbstständig leben zu können denn irgendwann ziehe ich aus und muss meinen eigenen Haushalt führen und halten können. Und wie soll ich es lernen wenn die Eltern mir alles machen und schenken bis ich 25 bin?
Bei meinen Kindern werde ich es genauso handhaben. Mit der ersten Klasse bekommen sie ihr Taschengeld aber auch ihre ersten Verantwortungen. Einfach mit dem Ziel hin dass sie in Zukunft selbständig und verantwortungsbewusst leben können. Damit sie auch lernen dass man Tätigkeiten hat die selbstverständlich zu tun sind und lernen Dinge wertzuschätzen ?
Hat also nichts mit traumatische Erlebnisse zu tun sondern damit aus Kindern sozial fähige und selbstständige Menschen zu machen die auch Respekt vor anderen hat. Denn Erwachsene die verwöhnt wurden, die nie n Finger krümmen mussten sind oft sehr egoistisch und sehen es als selbstverständlich dass die Eltern und alle anderen springen wie man will, sind aber nicht bereit selber zu helfen oder etwas zu tun.
Meine Schwester ist da n Paradebeispiel. Sie wurde von der omi so verwöhnt. Sie wohnte nebenan und meine Schwester hockte nur bei ihr seit dem sie krabbeln kann.
Da bin ich grundlegend anderer Meinung, aber schön wenn es dir damit gut geht.
– Ruth
Zahnputztrick, seitdem alles ohne Gewalt geht: nach dem Festhalten : erst haben wir begonnen, unserer kleinen Märchen zu erzählen und wenn sie den Mund zu machte, die Geschichte zu stoppen. Das nervte aber natürlich mit der Zeit und wirkte irgendwann nicht mehr. und ich dacht mir: ja, warum mach ich das hier eigentlich? und ich überlegte und fand: das kann sie ja eigentlich auch nicht wollen, wenn sie nicht versteht was es soll. also erfand ich Geschichten von Marius und Bactus, die in ihrem Mund ihre Zähne aufessen wollen und spielte gekonnt, wie sie meiner Tochter immer wieder Befehle geben: „mach den Mund zu, damit die doofe Mama mit ihrer Zahnbürste keine Chance hat!, dann können wir endlich Löcher bohren und den leckeren Zucker essen, der macht uns stark und kräftig!“. natürlich hab ich klar gemacht, dass es nur eine Geschichte ist, aber dass es Bakterien wirklich gibt. Wir haben uns totgelacht. Zähneputzen war jetzt was lustig. wir haben beide immer wieder Geschichten erfunden (Schlupflöcher, Verstecke, Städte und was weiß ich was die Bakterien alles erfunden haben um gegen die Zahnbürste zu gewinnen). Aber die Zahnbürste war immer stärker, also meine Tochter, die Zahnbürste und ich als Team gegen die Bakterien im Mund. und nach Einger Zeit mussten wir auch das nicht mehr machen und sie teilt mir mittlerweile mit, wo ich noch nicht gut geputzt habe im Mund, und fragt nach, ob ich bitte nochmal nachputzen könnte. Schlicht und ergreifend, weil sie verstanden hat, WARUM ich dieses blöde Zähneputzen, was ja wirklich nicht schön ist, überhaupt mache. Und zwar spielerisch näher gebracht, in Kindersprache.
Hallo liebe Ruth,
Ich bin seit Kurzem dabei und lese Deine Beiträge mit viel Interesse.
Unser Sohn ist 4,5 Jahre. Er ist ein aufgewecktes Kerlchen, interessiert sich für vieles und macht gerne alles was wir gerade auch tun. Er interessiert sich eigentlich gar nicht für Spielsachen.
Mir liegt sehr am Herzen eine gute Beziehung zu meinem Kind zu haben. Ihn anzunehmen wie er ist. Ihn bedingungslos zu lieben. Ich habe das leider nicht so erlebt. Meine Mutter hat mich geschlagen, war sehr streng und hat so gut wie nie Liebe gezeigt (und wenn dann nur unter Bedingung und wenn ich in ihren Augen etwas gut gemacht habe, was so gut wie nie war).
Mein Sohn ist sehr aktiv, sprich er sitzt nie still. Von morgens früh bis abends, ist immerzu Action angesagt. Er beschäftigt sich wenig bis gar nicht alleine. Wie schon erwähnt, er spielt sehr wenig mit seinen Spielsachen sondern interssiert sich für das was wir tun: Kochen, backen, ja sogar putzen und aufräumen, im Garten helfen.
Und das ist einfach sehr anstrengend. Bei allem guten Willen, irgendwann kann ich nicht mehr. Wenn ich über Stunden liebevoll und geduldig reagiert habe, läuft irgendwann das Fass über. Dann weiss ich nicht mehr was ich tun soll. Ich bin manchmal verzweifelt bei allem was er so tut: Dinge kaputt machen, sich in gefährliche Situationen bringen, die Katzen „quälen“. Und für mich ganz schlimm, das nicht Zuhören und sein immerzu mir Dazwischenfunken (zB in der Küche wenn ich koche).. Ich möchte dies alles ruhig begleiten. Aber ich bin auch erschöpft und müde. (Gerade jetzt in der Krise, zwischen Arbeit, Haushalt und Familie, ohne Auszeit,…) Manchmal wünsche ich mir nichts mehr als 15 Minuten allein zu sein. Aber… unmöglich, er steht in der Tür und ruft mich oder ich höre etwas und muss aufspringen.
Wohlverstanden, ich schlage mein Kind nicht. Ich bin strikt gegen Gewalt. Jedoch habe ich oft eine Wut in mir, eine unerklärliche Wut. Und dann kommt das was ich sage halt nicht mehr liebevoll und ruhig rüber. Ich erhebe die Stimme und ja, das ist auch eine Form von Gewalt.
Wie kann ich damit umgehen?
Vielen Dank.
Liebe Grüsse,
Lucie
Moin Lucie! Klingt nach einem aufgeweckten Kerlchen! Ich wueder schauen dass du DICH unterstuetzt. Klar kannst du weiter vom Kind verlangen dass es anders wird – aber das wird euch beide nur frustrieren. Schau, dass du fuer dich sorgst, so gut es geht. In kleinen Gesten im Alltag und in grossen. Wenn wir uns verlieren und unsere Beduerfnisse, werden wir aggressiv.
– Ruth
Ich kann euch allen nur den Rat geben, nehmt drei Jahre Elternzeit, wenn irgend möglich (HIER solltet ihr kreativ werden!). Ihr erspart euch selbst damit sooo viel Stress und könnt voll und ganz in eure Beziehung zu eurem wertvollsten Schatz, eurem Kind, investieren. Das Fundament, das ihr in den ersten drei Jahren legt, wird euch auch noch später durch schwierige (Teenager-) Jahre bringen.
Ich weiß, es ist nicht für jeden finanziell möglich. Aber mit Kreativität und Vertrauen geht manchmal mehr, als man denkt.
Liebe Josephine, das kann und muss allerdings nicht fuer alle gelten. Es gibt genug Menschen denen es damit nicht gut geht und keine Loesung die fuer alle passt!
– Ruth