Das Verrückte ist ja diese Idee, dass Kinder Machtspiele mit uns spielen. ‚Tanzt dir auf der Nase rum‘ sagen wir gerne. Oder befürchten, dass ein Kind, dem wir einmal etwas erlaubt haben, das dann immer haben will.
Verrückt ist das spätestens, nachdem wir fünf Minuten über Macht nachgedacht haben.
Macht ist so viel mehr als ‚wer bestimmt‘. Und selbst wenn: Bestimmen tun am Ende immer wir Eltern. Selbst wenn wir das nicht tun, ‚erlauben‘ wir, was schon darauf hinweist, dass wir das, völlig konsequenzlos für die Liebe und Zuneigung des Kindes zu uns, auch lassen könnten.
Und das ist der Punkt: Ob und wie viel Macht wir haben, ist komplett entschieden in der Beziehung zu unseren Kindern. Das sind immer wir. Und wir haben immer (bzw jahrelang) alle Macht.
Aber: ist das ein Problem?
Ich denke, nein. Es wird zum Problem, solange wir Macht als Vorstufe zu Gewalt verstehen. Ist sie aber nicht. In meinem heutigen Video erkläre ich das nochmal in der Tiefe – und, warum es so wichtig ist, zu verstehen, was Macht ist und wie wir mit ihr umgehen.
Danke!!!
Hier gehts grad (mal wieder) ums Fernsehen. Und ich stecke irgendwo zwischen Schuldgefühl (Vorsicht, Droge! Unbedingt schützen! Sonst droht Verwahrlosung!) und Vertrauen (Mein Kind spürt, was es braucht. Und darf entscheiden, womit es seine Zeit verbringen möchte. Es erlebt ein vielfältiges Angebot an möglichen Beschäftigungen, erlebt Mutterliebe in Hülle und Fülle – es gibt kein besonders hohes Suchtrisiko.)
Und dann gibt es diese Tage, an denen mein 2,5-jähriger 8h vor Youtube hockt. Nahezu nonstop. Da kriege ich Angst. Schäme mich, darüber zu schreiben. Und mir fällt die Decke auf den Kopf. Aber ohne körperlichen Kampf kommen wir nicht vor die Tür. Ich will nicht mit ihm kämpfen. Fühle mich schuldig, meine körperliche Macht gegen seinen Wunsch einzusetzen. Sehe aber keinen anderen Weg, meiner Verantwortung nachzukommen. Er spricht sehr wenig, und ich komme einfach nicht dahinter, was an diesen scheiß Cartoons ihn so fesselt. Hätte ich davon auch nur eine vage Idee, würde ich ihm gern effektivere Wege anbieten, dieses unbekannte Bedürfnis zu befriedigen. Ich bin so traurig über die Lebenszeit, die er dort so einseitig verbringt! Und fühle mich in Anbetracht dieses Unwissens und dieser Handlungsunfähigkeit tatsächlich sehr machtlos. Nicht so sehr ihm gegenüber, sondern einfach in meiner Selbstwirksamkeit.
Danke für deine Artikel. Habe sie alle nach und nach gelesen, und lese sie jetzt noch einmal mit diesem aktuellen Thema im Hinterkopf. Mal sehen, was für Eingebungen mir noch begegnen.
Unerzogen heißt ja nicht nie nein zu sagen und dein Bedürfnis vor Die Tür zu kommen ist ja nicht weniger wert! Für mich hat es nix mit unerzogen zu tun, wenn dein 2,5 jähriger 8h you Tube gucken will, ihn das zu lassen. Das halte ich tatsächlich für ungesund.
Liebe Ruth
Vorweg, leider habe ich keinen anderen Ort gefunden um generelle Fragen über unerzogen zu stellen. Deshalb hier. Hoffe das ist okay.
Ich bin bisher sehr begeistert von den praktischen Umsetzung und dem Umgang miteinander beim unerzogenen Lebensstil (klar gibt es da auch ein paar, persönlich schwierige Bereiche).
Nun bin ich aber auf eine Frage gestossen : und zwar – „wozu“, was bringt mir unerzogen? Wozu hast du dich dafür entschieden?
(Nicht warum).
Eine Möglichkeit; damit das Kind nicht geformt wird sondern sich selbst-entschieden entwickeln kann? Aber was bedeutet das konkret?
Ich sehe dennoch eine grosse Verantwortung für uns Eltern.
Mein Wunsch z.b. für mein Kind ist :
Dass es als Erwachsener, die Fähigkeit hat Beziehungen einzugehen, Verantwortung zu übernehmen und weiss, wie es glücklich sein kann. Wäre das denn nicht im unerzogenen Sinne falsch?
Ich bin voll für Bedürfnis/Beziehungsorientiert und sehe nicht ganz was unerzogen an Mehrwert bringt.
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen!
Liebe Grüsse,
Ann-Christine
Achso genau (OT): hast du auch mal was zu digitaler Mediennutzung gemacht?
Liebe Ann-Christine, die Idee ist die, dass es keinen Zweck erfüllt (was per definitionem Erziehung wäre), sondern ein Recht ist. Genau so wie ich nicht frage ‚was soll das bringen, Frauen gleich zu bezahlen?‘ ist die Idee dass das schlicht Menschenrechte verletzt. Also ein positiver Freiheitswert – Freiheit VON Erziehung.
Es geht also nicht darum die Möglichkeit der Entscheidung zu geben damit das Kind frei und so weiter wird (das halte ich für sehr gefährlich, diese Idee, weil das Kind dann Projekt wird. Wenn es nicht glücklich ist, bin ich als Eltern gescheitert – viele Kinder haben aufgrund solcher Dynamiken ein großes Problem, sobald sie ’negative‘ Gefühle ausdrücken), sondern es geht darum, die eigenen Macht bewusst einzusetzen zur Hilfe und im Vertrauen auf das Kind. Paradoxerweise ist das gesünder, braucht aber das loslassen von der Idee ‚dann wird das Kind gesund‘.
Grüße, Ruth