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Moin! Wir reden heute mal über das Loben. Ich werde nämlich sehr oft angeschrieben und gefragt „Du Ruth, ich hab gehört, ich soll nicht loben. Was soll denn das?“ Und das ist eine sehr verkürzte Darstellung des Problemes. Denn Loben und die Frage nach Loben ist eine Variante des erzieherischen Paradoxons und weist darauf hin, wie sinnlos Erziehung ist. Deswegen, auf vielfache Anfrage, hier mal meine Gedanken zum Thema.
Ich möchte hier einmal ausführen, was das Problem von Loben im klassischen Sinne ist. Ich will auch ausführen, warum ich nichts davon halte, einfach andere Worte zu benutzen, sondern warum wir uns grundsätzlich fragen müssen „mit welcher Haltung begegne ich hier meinem Kind?“. Am Ende will ich noch ein bisschen was zu Alternativen zum Loben sagen. Legen wir los.
Lob ist Manipulation
Erstmal müssen wir verstehen, dass Loben eine Form der Manipulation ist. Jap. I know. Harte Kost. Loben im klassischen Sinne (zu „schön gemalt“ kommen wir später) ist nicht dafür da, um Freude zu teilen oder Mut zu bewundern, Loben ist Manipulation. Manipulation ist nämlich sogenannte „verdeckte Kommunikation“, um etwas zu erreichen. Ihr Ziel ist nicht Verbindung, sondern dass das Kind sich ändert. Dass es mutiger, lauter, kreativer und fröhlicher wird. In der Hinsicht unterscheidet sich Lob keineswegs von Strafe. Oder von anderen Manipulationen („Gib dem Kind die Wahl dabei aus welchem Becher es trinkt, aber nicht DASS es trinkt.“). Je kleiner ein Kind ist, desto leichter ist es (wegen unserer Macht) das Kind auf unterschiedlichen Ebenen zu manipulieren.
Das Loben nutzt für die Manipulation eines unserer wichtigsten Bedürfnisse: Das nach Anerkennung und Zugehörigkeit. Dieses Bedürfnis wird erfüllt, wenn das Kind bestimmtes Verhalten zeigt – genau so wie Strafen die Bedürfniserfüllung entziehen, wenn das Kind anderes Verhalten zeigt, was es nicht zeigen soll. Loben ist also grundsätzlich eine Form der „verdeckten Kommunikation“ (Der Begriff kommt aus der Diskursethik, hier ein guter Überblick dazu). Ich sage etwas, aber ich meine etwas anderes. Und das ist eine wichtige Grunddefinition. Denn wenn Eltern mich anschreiben und mir sagen „Du, ich weiss ja nicht – soll ich mich nun nicht mehr freuen, wenn mein Kind was Tolles macht?!“, dann ist das die falsche Frage. Die Frage ist vielmehr: Handelt es sich um verdeckte Kommunikation?
Sagst du „Boaaaah, das ist ja toll wie du den Hund gestreichelt hast“ – nicht weil du dich freust, sondern weil das Kind mal den Hund nicht gekniffen hat, wie es das sonst gerne tut? Und du das neue Verhalten verstärken willst? Dann, I hate to break it to you, ist das Manipulation. Denn du hast eine Erwartung, die du nicht kommunizierst – das Kind soll in Zukunft mehr von dem Verhalten zeigen, was du gut findest.
Das erstmal so zum Abchecken für dich: Was MEINT Loben hier eigentlich? Denn einfach mal sagen „Das finde ich cool, dass du den Hund nicht haust.“ ist überhaupt nicht das Ding. Das Problem ist die verdeckte Botschaft. (Es ist übrigens sau interessant, dass auch Erziehungsblogs das Thema aufgreifen. Denn das Problem mit der verdeckten Manipulation ist da nun ein erzieherisches, keines was nur dem Loben als Problem anhängt.)
Loben – wo ist das Problem?
Das eine Problem ist die Objektivierung. Wenn ich jemanden manipuliere, ist das eine Form der Gewalt. Und Gewalt hat immer das Problem, dass es nicht mehr darum geht dem Gegenüber als Menschen zu begegnen, es geht um das Ziel. Das Gegenüber verliert seine Würde als Mensch, als Subjekt, als Mensch mit Recht auf eine gleichwürdige Auseinandersetzung. Ich stelle den Output, das Ziel meiner Handlung über die Werte, die meine Handlung bestimmen.
Im konkreten Fall: Ich sage zu dem Kind, dass ich toll finde, wie es den Hund streichelt und verletze damit den Wert der Authentizität und echter Begegnung mit dem Ziel, dass das Kind dann den Hund mehr streichelt (und weniger haut). Das ist by the way eine stark utilitaristische Ethik, die sich da zeigt: Der Zweck soll die Mittel heiligen. Solange das Kind den Hund nicht haut, ist alles ok.
Und das ist Objektivierung. Das Kind ist kein Mensch mehr, sondern es wird zu etwas zu Formenden. Die tiefste Natur aller Gewalt ist die Depersonalisierung des Gegenübers: Da ist kein ganzer Mensch mehr, nur ein zu formendes Objekt. Das erste Problem mit Lob ist also: Ich nehme dem Gegenüber die Würde.
Wenn du gerade denkst „Joa Ruth, du übertreibst aber gerade echt mal.“ – überleg mal wie sich das für dich angefühlt hat als Kind, gelobt zu werden mit klarem manipulatorischem Hintergrund. Vielleicht hast du das auch später noch erlebt; typische Orte für Loben und belohnendes Verhalten sind Schulen und Ausbildungsstätten.
Hast du mal ein Lob für etwas bekommen, was total einfach war und gar kein Problem? Oder hast du mal irgendwas gemacht, damit dir jemand anderes eine gute Note gibt? Kinder sind zwar klarer darin, wer sie sind und was sie brauchen, aber auch Erwachsene fühlen, wie schal und unangenehm ein Lob, eine Bewertung aus rein manipulatorischen Gründen ist. Wir fühlen den Schmerz darüber, dass wir nicht gesehen werden, sondern nur objektiviert.
Außerdem: Immer wenn ich jemanden in irgendeiner Form formen will (bestärken für mehr Selbstbewusstsein, bessere Noten, whatever), sage ich gleichzeitig – so wie du bist, bist du nicht gut. Wenn ich will, dass mein Kind netter zum Hund ist, sage ich gleichzeitig, dass es jetzt gerade nicht okay ist. Das ist ausgesprochen und aufs Verhalten bezogen übrigens total okay „Hund hauen ist doof!“ ist ne klare Aussage. Aber, wir erinnern uns, Loben ist verdeckt. Sprich, es bleibt unausgesprochen, was genau ich eigentlich anders haben will.
Ein kleines Kind muss daraus schliessen, dass es selber das Problem ist. Denn das ist, was kleine Kinder tun: Sich zum Problem erklären, wenn sie spüren, dass etwas nicht okay ist.
Das zweite Problem mit dem Loben ist: Es funktioniert nicht. Also, selbst wenn wir der utilitaristischen Logik folgen würden und sagen „egal, Hauptsache es funktioniert am Ende“, würde es das nicht tun. (By the way ist das nicht immer falsch. Wenn das Kind auf die Straße rennt und es kommt ein Auto, würde ich definitiv utilitaristischer Ethik folgen – egal mit welchen Mitteln, Hauptsache das Kind kommt von der Straße. Aber darum geht es ja hier nicht).
Kurzfristig kann Lob und Belohnung durchaus bei manchen Kindern ein bisschen was erreichen. Das ist schonmal ziemlich mickrig, wie ich finde, für den Preis der Würde des Kindes. Manche Kindercharaktere sind aber auch von vorneherein so gestrickt, dass sie da nicht mitmachen (sehr hilfreich, wenn man mich fragt). Aber gut, manche Kinder die malen vielleicht mehr, weil ich das so kreativ finde. Manche streicheln vielleicht mehr den Hund, statt ihn zu hauen. Manche strengen sich vielleicht an, damit sie bessere Noten haben. Weil ich gelobt habe.
Aber.
Das Kind tut es nicht, weil es das verstanden hat. Weil es Lust hat. Weil es das selber will. Sondern weil ich daran die Erfüllung des Bedürfnisses nach Wertschätzung und Anerkennung geknüpft habe. Das Kind tut das, damit es sich geliebt und gesehen fühlt. Das Kind tut das, weil es gelernt hat, dass dann die Bedürfnisse erfüllt werden.
Was für einen Schaden das für den Rest des Lebens anrichten kann, das Lied kann uns jede*r Erwachsene singen, der*die je damit konfrontiert war. Jede*r mit nem ordentlichen Burnout in der Biographie weiß, was ich meine. Das Gefühl, dass ich ständig leisten muss, tun muss, Anerkennung bekommen – sei es über Geld oder Status – und dann bin ich geliebt und wichtig und gut… Das Gefühl ist unfassbar gefährlich mitzunehmen aus der eigenen Kindheit.
Und es entwertet die Sache selbst. Wenn das Kind den Hund streichelt, damit ich sage „oooh, du bist so toll“, dann hat das Kind nicht verstanden, dass hauen dem Hund wehtut und der Hund ein Lebenwesen ist, dem es respektvoll gegenüber treten sollte. Um das zu lernen, braucht ein Kind Übung und Empathiefähigkeit und soziale Entwicklung. Und das dauert na klar viel länger, als es zu konditionieren mit Lob. Aber wenn es das wirklich lernen darf, kann es auch begreifen, dass es nicht in Ordnung ist, mit jemandem so umzugehen. Wenn das Kind das aber nur tut, damit ich es lobe, ist das nicht besonders nachhaltig. Wenn ich gerade nicht da bin, wenn das Kind gerade nicht seine Bedürfnisse über Lob erfüllen will o.ä., dann sieht es ja keinen Grund mehr, den Hund nicht zu hauen.
Die Logik ist die gleiche wie beim Strafen: Beides geht nur solange ich diese wahnsinnige Macht über das Kind habe. Und die eigentliche Botschaft, das, was ich eigentlich sagen will, das verblasst. Denn eigentlich will ich ja eine Rückmeldung geben, etwas von mir erzählen, mich verbinden, etwas kritisieren. Und wenn ich das unter Lob verstecke, entwerte ich mein Anliegen. Wie schade.
Wir alle kennen dieses Ding mit Kindern und Mathe. Dass alle Mathe hassen, weil „Mathe ist halt doof“. Dabei ist Mathematik einfach nur eine Art die Welt zu verstehen. Was Mathe hassenswert macht, ist die Bewertung. Sie unterhöhlt komplett das Anliegen. Kein Kind versteht, wofür es das braucht oder warum es das tut – außer eben für die Note. Und das macht Mathe zum Hassfach, nicht das rechnen selbst (man tausche Mathe mit jedem anderen Schulfach, falls du zu den wenigen Liebhaber*innen von Mathe gehörst“).
Genau wie Strafe macht Lob die Sache selber zunichte, dazu gibt es tatsächlich schöne Untersuchungen. Beides lenkt den Fokus vom Sinn der Sache hin zu der Beziehung, die als Drohung über dem Verhalten hängt. Das sind die Hauptgründe gegen das Loben:
- Einen Menschen ernst nehmen als Gegenüber und Loben schließen sich aus.
- Die Sache selbst ist zu wichtig, um sie durch Lob zu entwerten.
Aber was tun wir stattdessen?
Alternativen zum Loben
An der Stelle kommen immer ne Menge Leute um die Ecke und reden von Gewaltfreier Kommunikation oder geben andere Formulierungshilfe. Instagram ist voll davon. Sowas wie „ich sehe dich“ statt „hast du gut gemacht“. Und… Ich weiss ja nicht. Also, versteh mich nicht falsch, ich finde das schon manchmal hilfreich. Ich selber habe ne Zeit lang echt streng darauf geachtet, dass ich aufhöre „Entschuldigung“ zu sagen. Weil ich das im Kopf mit „Schuld“ verknüpft hatte.
Aber ich wäre sehr vorsichtig damit, das eine mit dem anderen zu ersetzen ohne darauf zu achten, mit welcher Haltung ich das tue.
Wenn ich sage „boah, geil, ich find das mega, dass du das gemacht hast, ich freu mich voll!“ dann mag das nicht GfKmässig 5 Sterne bekommen, aber wenn du das so fühlst, dann ist das echt. Dann isses deine Sprache. Und wenn du keine Agenda dabei hast, ist doch alles fein. Genau so kannst du dir Mühe geben, alles ganz perfekt zu formulieren und dahinter steckt eine Erwartung, eine Objektivierung. Das ist die Gefahr von Wortvorgaben. Häng dich nicht daran auf. Klar, benutze gern mal eine neue Formulierung, wenn du merkst, du kommst aus „ach, das hast du fein gemacht“ nicht raus. Das hab ich ja auch gebraucht, um vom Wort „Entschuldigung“ (und vor allem dessen Bedeutung!) wegzukommen. Ich hab eine Zeit lang versucht, andere Ausdrücke zu nutzen und mehr darüber zu erzählen, was mir leid tut und warum. Und das kannst du dir gerne mitnehmen – statt Floskeln von dir erzählen. Was freut dich gerade? Warum? Du kannst feststellen „puh, davor hattest du ganz schön Angst, oder?“ oder Fragen stellen. Aber bleib nicht am Wortlaut hängen.
Denn am Ende ist es wie bei allem in der Kommunikation: Die Frage ist, aus welcher Haltung heraus wir unseren Mitmenschen begegnen.
Was sind deine Gedanken zum Loben? Findest du das auch so schwierig oder fällt es dir leicht? Ich freu mich auf deine Gedanken unter dem Artikel.
Liebe Ruht,ich bin 53 Jahre alt und es pasiert mir tatsächlich noch heute das andere Menschen versuchen mich durch Lob zu manipulieren, durch dein Artikel kommt bei mir was in Bewegung will das hier nicht so ausweiten,wollte .ich nur bedanken. Alles Gute Simone
Hey, toller Artikel. Ich hänge hier gerade in einer totalen Zwickmühle. Habe in einer Schule angefangen die ein Abmahnungssystem benutzt. Ich finde es einfach nur schrecklich. Wie kann ich meine Werte dabei behalten. Es kostet so viel Kraft gegen ein festgefahrenes System zu arbeiten. Und by the way wie schütze ich mein Kind vor sowas. Denn was du schreibst, leben wir so gut wir können zuhause!
Liebe Elina,
ganz ehrlich: Ich weiss es nicht. Es ist ja auch eine Frage der persönlichen Ressourcen, gegen sowas zu kämpfen… Ich würde versuchen ins Gespräch zu kommen, wenn deine Kraft reicht.
– Ruth
Hallo liebe Ruth,
ich bin jedes Mal so geflasht von Dir, von Deiner Art Argumente herbeizuführen und sie uns dermaßen logisch vor Augen zu führen, dass ich nach jedem Lesen/Hören Deiner Beträge die Welt nicht mehr verstehe, wie ich jemals angefangen haben konnte, nicht nicht zu erziehen konnte.
Liebste Grüße von Annika 🙂
Liebe Annika, danke dir! Das freut mich.
– Ruth
hallo! offtopic aber welche Vögel zwitschern da im Hintergrund? Dankeschön 🙂
Wir haben zwei Vögel adoptiert, die „übrig“ waren, einen Nymphensittich und einen Agaporniden!
– Ruth
danke 🙂
Servus Ruth,
Ich bin zum ersten Mal auf Deiner Seite und habe mir Deinen Beitrag angehört. In vielen Punkten bin ich Deiner Meinung allerdings sind Aussagen wie „Loben ist Gift!“ und „Loben ist Manipulation“ Quatsch und machen Deine oft treffenden Formulierungen leider zu Nichte. Loben per se als „verdeckte Kommunikation“ zu sehen, ist zu negativ. Wie Du ja selbst gesagt hast, kommt es auf den Ton und die Art des Lobes an. Um bei Deinem Hundebeispiel zu bleiben „Den Hund hast Du aber toll gestreichelt“. Nur das zu sagen, kommt in der Realität wohl nicht ganz so oft vor. „Der Hund mag das“ u.ä, kommt meist dazu. Und dann sind wir schon bei der Empathie et al.
Manipulation als Form der Gewalt — ui ui ui dann muss man ja als Erwachsener jede Werbebotschaft als versuchte Vergewaltigung sehen. Loben geht auch ohne daran immer Wertschätzung und Anerkennung zu knüpfen. Aber vielleicht reden wir hier aneinander vorbei, da wir unterschiedliche Definitionen von „loben“ haben. Auch die Sache an sich durch loben zu entwerten muss nicht sein. Es geht beides. Auch dem anderen durch Loben gleich seiner Würde zu berauben ist Quatsch. Menschen können sich wechselseitig loben – da verliert man dann keine Würde, sondern freut sich. Wie Du selbst sagst ist es stets eine Frage der Haltung. Kommunikation auf Augenhöhe eben. Das geht bei Kindern aber nicht immer. Wie bei Deinem Straßenbeispiel oder vielleicht auch bei Hund, wenn er zum zweiten Mal vom Zweijährigen gequält wurde … lobt man dann gerne beim dritten Mal. Dann geht´s dem Hund gut, der Zweijährige lernt so schneller dass der Hund lieber gestreichelt als gequält wird – das merkt er ja dann eh, weil der Hund anders reagiert. Da hat der Zweijährige nicht seine Würde verloren, sondern er hat was gelernt. Daher nochmals einen Titel mit „Lob ist Gift“ und „Lob ist Manipulation“ zu wählen ist schön plakativ und mag bei der Leserschaft verfangen – ist aber einfach zu undifferenziert.
Jetzt bin ich gespannt auf Deine Rückmeldung. So long und schöne Grüße, Heinz
Lieber Heinz, ja, deswegen definiere ich ja „loben“ hier auch. Und die Definitionen von verdeckter Kommunikation, Manipulation und Gewalt sind nicht meine, sie sind allgemeingültige philosophische und soziologische Konzepte. Und ja, das ist harter Tobak. Das ist mir klar. Gleichzeitig glaube ich dass wir uns keinen Gefallen tun wenn wir da unklar sind.
– Ruth
Hallo. Was Heinz schreibt, deckt sich mit meinem Grundgefühl beim Lesen. Und wenn ich darüber nachdenke, so empfinde ich es auch als sehr reißerisch Aussagen wie „Loben ist Gift“ zu nutzen. Ich kann mit den Argumenten, wie man soll nicht manipulieren und die Würde des Kindes immer im Auge behalten, definitiv was anfangen. Aber mich stören sehr die pauschalisieren Aussagen zum Loben. Wie du ja selber schreibst, ist loben einfach um der Sache Willen, weil man etwas toll findet, ganz ohne Hintergedanken, doch eigentlich nichts verkehrtes. Ich bin ein Mensch, ich trage mein Herz auf der Zunge und sage gerne meine Meinung. Und ich mag Menschen, die das auch tun. Das ist authentisch und man hat eben eine Meinung zu den Dingen. Man muss deinen Artikel schon genau lesen, um zu verstehen, dass du das nicht meinst bzw dass es natürlich nicht genutzt werden soll und dass man das Machtverhältnisse im Auge behalten muss. (Hatte ich hoffe ich richtig verstanden…) Der Titel und Kernaussagen suggerieren etwas anderes. Für mich sind diese Aussagen alleine auch Quatsch und zu plakativ. Und dass man dann erst „das Kleingedruckte“ lesen muss, um den ganzen Sinn zu verstehen, empfinde ich als povokativ. Du nennst es harter Tobak und das empfinde ich als kein passendes Eingehen auf die Kritik von Heinz. Es ist eher ein Ablenken davon. Und das habe ich jetzt schon an einer Vielzahl von Artikeln zur bedürfnisorientierte Erziehung usw. festgestellt. Auch wenn ich die Impulse richtig finde, rechtfertigt das Ziel die (stilistischen) Mittel meines Erachtens nicht. Liebe Grüße
Liebe Ella – ich habe ja Loben doch deutlich definitert. Und ja, das ist absolut toxisch und dazu gibt es gute psychologische Erkenntnisse. Inhaltlich stehe ich dazu. In Sachen Stil und Sprache ist das wohl Geschmackssache.
– Ruth
Vielen Dank für deine Antwort. Woher nimmst du die Definition von Loben? Ich glaube das ist der Punkt, an dem ich hänge und wieso der Artikel für mich erstmal eher provokativ wirkt. Sollte es eine allgemeingültige Definition sein, dann müsste das vielleicht deutlich gemacht werden. Wenn ich einfach mal google und eine Definition suche, so sehe ich auf den ersten Blick dies: „Unter Lob versteht man die Anerkennung von Leistungen oder Verhaltensweisen durch sprachliche oder körpersprachliche Ausdrucksmittel“. Das wäre für mich also die Definition von Lob und ich verstehe nicht ganz wieso das automatisch Manipulation und somit automatisch „Gift“ sein soll, wie zumindestens der Titel besagt und woran ich mich ja störe. Nun bin ich keine studierte Psychologin oder ähnliches (,was aber vielleicht auch andere Leser/innen sind…), daher lerne ich natürlich gerne dazu. Vielleicht könntest du mich aufklären, ob deine Definition einer allgemeingültigen Definition entspricht. Oder ob du so frei warst eine eigene Definition aufzustellen bzw von gewissen Theorien zu beziehen. Dann wäre der Artikel vielleicht klarer für mich und ich fände es toll wenn Quellen im Beitrag genannt werden. Liebe Grüße
Der Text reflektiert über das Thema Loben und seine häufige Anfrage, warum Loben vermieden werden sollte.
Lob wird als Form der Manipulation betrachtet, die darauf abzielt, das Verhalten des Kindes zu ändern, ähnlich wie Strafen.
Lob nutzt das Bedürfnis nach Anerkennung und Zugehörigkeit aus, was als verdeckte Kommunikation betrachtet wird.
Die Objektivierung des Kindes durch Lob wird als eine Form von Gewalt beschrieben, da das Kind als zu formendes Objekt betrachtet wird.
Lob entwertet die authentische Begegnung und kann dazu führen, dass das Kind denkt, es sei das Problem.
Das zweite Problem mit Loben wird aufgezeigt: Es funktioniert nicht langfristig, da es das Verhalten nicht aus Verständnis, sondern aus dem Streben nach Anerkennung steuert.
Die Gefahr von Lob besteht darin, dass es das Selbstwertgefühl des Kindes beeinträchtigen und zu einer leistungsorientierten Denkweise führen kann.
Der Text argumentiert, dass Lob und Strafe beide die eigentliche Botschaft entwerten und den Fokus auf die Beziehung legen.
Alternativen zum Loben werden angesprochen, wobei die Haltung entscheidend ist, um authentisch zu bleiben.
Der Schluss betont die Wichtigkeit der Haltung in der Kommunikation und fordert die Leser auf, ihre Gedanken zum Thema zu teilen
Wir haben seit Anfang an ohne Lob, Belohnung und Strafe mit unserem Kind gelebt. Anfangs fiel es uns schwer Alternativen zum Loben zu finden. Man bricht da ja mit der Erziehung aus der eigenen Kindheit und das kann arg wehtun, wenn man erkennt wie manipuliert man wurde. Von den Eltern, der Familie, Freunden, Lehrern, Partner…. Am weitesten hat es uns gebracht, ehrlich zu sein und uns mit unserem Kind zu freuen und Interesse zu zeigen. Mittlerweile ist es gar nicht mehr anstrengend- ich empfinde nur eine massive Abneigung gegen jegliche Manipulation und somit auch Gewalt. Den meisten Menschen ist es aber gar nicht bewusst. Nun geht meine Tochter mit fast 5 Jahren zum ersten Mal in den Kindergarten. Wir haben Montessori ausgewählt, da ihr dort noch die größten Freiheiten gelassen werden. Aber auch da wird gelobt Und somit auch bestraft. Sogar beim malen! Das finde ich (habe eine künstlerische Ausbildung hinter mir) sehr ärgerlich. Kunst darf und sollte nie bewertet werden. Wer hat das Recht dies zu tun? Kreativität ist extrem anfällig und schnell kaputt zu machen. Zeichnen – ausgenommen der Technik – gar nicht bewertbar. Wenn es schon im Kindergarten anfängt, dass Kinder auf diese Art motiviert werden sollen (Zumindest wurde mir das als Grund des Lobens mitgeteilt) brauchen wir Eltern uns nicht wundern wenn Niemand mehr in der Schule motiviert werden kann. Es ist so schade, da meine Tochter sehr selbstmotiviert ist. Sie findet es seltsam gelobt zu werden. Sie meinte sogar, das ihr nichts sagen lieber wäre als das lieblose „Toll“ oder „Gut gemacht!“ Aber ihr fällt auf, dass Altersgenossen darauf aus sind gelobt zu werden. Traurig. Auch traurig das heutzutage Erzieherinnen in diesem Thema Null Ahnung haben. Was nützt das tolle Konzept der Einrichtung ,wenn das Personal dies nicht begreift? Mir bereitet die Aussicht auf die SchulZeit schon schlaflose Nächte. Liebe Grüße
Ach Mensch, ja – gerade Kreativität kann man echt nachhaltig zerstören so. Das ist echt anstrengend und ätzend. Gleichzeitig glaube ich müssen wir da bei dem bleiben was wir nun mal verändern können….
– Ruth
Du beschreibst in deinem Artikel eins meiner absoluten Herzensanliegen. Ich hab schon als Kind gespürt, wie blöd sich Lob anfühlt und was das im Umkehrschluss über die Beziehung zum Lobenden aussagt: „Denkt der jetzt, dass ich es eigentlich nicht kann und muss jetzt überrascht sein, dass das blinde Huhn doch mal ein Korn gefunden hat?“ Ein entwürdigendes Gefühl. Seit dem sehe ich den Schaden welchen Lob anrichtet überall. Die ganzen Menschen, die nur für Anerkennung vom Außen leben und sich gar nicht mehr selbst annehmen oder erkennen können, Ein Grundproblem von dem die gesamte Gesellschaft verseucht ist. Und genau da komme ich gerade extrem an meine Grenzen. Ich möchte mein Kind vor solch einer Objektivierung schützen, aber echt jeder zweiter lobt im Kontakt. Oft versuche ich das zu thematisieren, aber es ist eine Mammutaufgabe. Gerade Ärzte nutzen das im Zusammenhang mit Belohnung ja liebend gern. Da Versuch ich dann meist zu übersetzen. Aber eigentlich finde ich das mittlerweile auch problematisch. Er will ja das Verhalten verstärken und nicht sich für die Mitarbeit bedanken, usw. Ach die Kindermedien sind voll von Lob. Und ich frag mich, wie kann ich die Würde meines Kindes in solch einer Gesellschaft schützen?
Wir ist es mit der Äußerung „Ich bin stolz auf dich?“ Das fühlt sich für mich auch sehr komisch an zu sagen. Als ob ich mein Kind dadurch ausbremsen würde, in seinem Tun u seinen Blick auf mich lenke. Die Erwartungen schüren u Duck erzeuigen, den das Kind dann gar nicht mehr erfüllen möchte. Aber trotzdem möchte ich meinem Kind mein Gefühl mitteilen.
Liebe Isa, was fühlst du denn wenn du sagen willst „Ich bin stolz auf dich“? Vielleicht erzähle davon!
– Ruth
Danke du hast das so schön gesagt. Ich empfinde das auch so.
wirklich toller und interessanter artikel liebe ruth!
ich habe mich heute nach dem lesen sehr oft dabei ertappt, wie ich „toll/super gemacht“ oder ähnliches ganz oft sage. nun fällt es mir vorallem jetzt zu beginn schwer. was erwider ich meinen kindern nun denn, wenn sie zum beispiel ganz stolz einen spagat hinbekommt oder es von ganz allein schafft mit 3,5 auf englisch zu zählen oder eben einfach etwas richtig cooles macht? vielleicht hast du da einen kleinen tipp für mich? konnte das leider in dem artikel nicht so ganz für mich mitnehmen für die praxis 🙂 … danke für deine wertvollen beiträge.
lg desi
Ich glaube dass wir da unserer Macht als primäre Bezugspersonen vertrauen dürfen. Und ja, das ist die Welt in der sie leben. In meiner Erfahrung können Kinder das sehr früh differenzieren.
– Ruth
Danke für den Artikel und auch nochmal für den Hinweis zur Haltung im letzten Abschnitt! Vor lauter Sorge mein Kind zu objektvieren, unauthentische GfK Formulierungen wiederzukäuen oder zusammenzubasteln und am Ende Kind und mich damit in die Pfanne zu hauen, empfinde ich zunehmend schwierig. Keine Kritik an der GfK hier grundsätzlich. Ich bin sehr dankbar über das Bewusstsein, welches sie mir ermöglicht hat. Geht halt um die ganze Perfektionierungs- und „Optimierungs“falle, die uns eben genau zu diesem Objekt macht. „Haltung“ war für mich da genau das richtige Stichwort. Mir geht innerlich auch gleich was ab, wenn Oma Lob hageln lässt. Bei den vielen „Ich sehe dich“s aber mittlerweile auch. Authentizität und wahre Haltung aus dem Herz heraus und nicht aus dem Kopf hat für mich einen ganz anderen Wert. Dass der Weg dahin ein großer Prozess ist, ist sicher ne andere Sache. In diesem Sinne : Find ich echt toll, was du da schreibst.
Danke dir! Ja, die GfK ist eine tolle Hilfe, aber eben aus Angst und Unsicherheit als Schablone genutzt – dann wird es schwierig.
– Ruth
Hallo Ruth,
danke für deinen interessanten Artikel. Ich lese in vielen Büchern, Blogs etc. zum Thema bindungsorientierte Begleitung der Kinder. Ich finde dies alles nachvollziehbar.
Eines fehlt mir jedoch. Mehr konkrete Beispiele für andere Formulierungen. Kannst du bitte weitere Formulierungsmöglichkeiten nennen.
Hier wird das Thema GfK angesprochen. Scheinbar ist der Begriff „ich sehe dich“ auch aus diesem Konzept. Bitte erläutere diesen Satz für mich. Wie ist das gemeint?
Viele Grüße Sandra
Liebe Sandra, ich schreibe das ja im Artikel – ich finde genaue Formulierungen da echt schwierig. Sowas findet man en masse, sowas wie „ich sehe du freust dich“ oder „was magst DU denn an deinem Bild?“, im Internet. Ich finde die Intention wichtiger und genau darum geht es mir hier.
– Ruth
Danke für diesen Denkanstoß. Ich bin Lehrerin und finde es unglaublich schwer, nicht zu loben. Bei meinem eigenen Kind fällt es mir relativ leicht, meine Begeisterung authentisch zu zeigen. Bei 25 Kids finde ich es aber super schwer. Hast du da irgendwelche Tipps?
Moin! ich finde die Seite meines Kollegen sehr hilfreich, „Inspiration für Eltern und Pädagogen“ heisst sie.
– Ruth
Ein interessanter – und wie am Anfang schon gewarnt – heftiger Artikel. Aber stimmt, wenn ich gelobt werde, freue ich mich zuerst mal – aber vielleicht auch deshalb, weil ich darauf konditioniert wurde. Lob und „Ich bin stolz auf dich“ fühlt sich für mich schon gut an muss ich sagen. Aber vielleicht deshalb, weil ich damit nie manipuliert wurde? Oder hab ichs nur nicht gemerkt?
Wie auch immer: Ich ertappe mich total oft dabei, dass ich meine Kids (3,5 und 15 Monate) lobe im Sinne von „Wow, du hast dich ja ganz alleine angezogen“ oder „Echt cool, dass du schon aufs Sofa rauf kommst!“ Aber einfach deshalb, weil ich mich in dem Moment wirklich freue, und das total cool finde. Weil ich bewundere, wie sie sich weiter entwickeln, wie schnell sie lernen und wie kreativ/geschickt/stark/selbstständig sie sind.
Ist das in diesem Sinne auch Manipulation….?
ALTERNATIVE: Ich kann mein Loben auch bewusst einsetzen, um mein Kind positiv zu beeinflussen. Ich lobe nicht manipulativ, sondern staerkend ueber Glaubensaetze und die Spiegelung meiner Gefuehle. Beispiel: Schafft mein Kind etwas was ihm / ihr nicht leicht gefallen ist oder etwas zum ersten Mal, sage ich „Ich freue mich fuer dich, denn du kannst auch die Schweren Sachen schaffen, wenn du es moechtest.“ Durch meine vielen Jahre im Ausland habe ich gelernt, dass wir Deutschen kulturell sehr aufs das Nicht-Loben gepraegt sind und andere Laender, das viel weniger absolut handhaben. Ausserdem habe ich in meiner Arbeit als Life Coach gelernt, dass viele Glaubenssaetze in der Kindheit verankert werden, wenn Eltern nicht aufpassen, wie und womit das Kind gepraegt wird. Deswegen fahre ich sehr gut damit zu loben, aber eben nicht im klassischen Sinne, sondern mit ganz viel eigenem Bewusstsein und Bedacht. P.S. Man kann auch Lob in reflektives Lob umwandeln und das Kind fragen, was ihm denn an dieser Situation am Besten gefaellt. Das staerkt die Reflektionsfaehigkeit des Kindes und wir als Eltern lernen, was in unseren Kindern vorgeht. LG!
Hallo Ruth,
mich beschäftigt gerade sehr eine Frage.
Manipulieren wir nicht automatisch unser Kind auch wenn wir es nicht mit Absicht tun?
Zeigen wir unserem Kind, dass wir uns über sein Verhalten freuen, manipulieren wir es doch automatisch auch wenn es nicht unsere Intention ist und vollkommen authentisch.
Ich manipuliere doch im Grunde mit jedem (ehrlichen oder nicht ehrlichen) Feedback.
Lg Elli
Liebe Elli, Manipulation ist definiert als verdeckte Kommunikation – während ist das eine kommuniziere, habe ich darunter eine andere Absicht, die ich nicht kommuniziere. Also nein, nicht alle Kommunikation ist Manipulation.
– Ruth
Wieder ein super guter Artikel, vielen Dank für Deine tolle Arbeit.
Es ist so spannend meine eigenen Eltern im Umgang mit meinen Kindern zu sehen. Da kann ich sehr viel darüber erfahren, wie ich selbst erzogen wurde. Meine Mutter lobt ihren Enkel für alles, was sie „gutes und richtiges“ Verhalten findet. Vieles davon hört sich total aufgesetzt an und ist überhaupt nicht authentisch und einfach nur versteckte Kommunikation. Als ob man bsp. meinen Sohn dafür loben muss, wenn er seine Babyschwester streichelt.
Ich selbst bin heute leider immer noch ziemlich abhängig von Lob. Ich brauche immer noch viel Anerkennung für das was ich tue, damit es sich für mich gut und richtig anfühlt. Für meine Kinder möchte ich das anders haben. Ich würde mir wünschen, dass sie nicht so auf die Meinung anderer angewiesen sind, sondern ein gutes Selbstvertrauen haben und selbst entscheiden können, was für sie gut und passend ist, vor allen, wenn Menschen um sie herum anderer Meinung sind.
Auch Geschenke/Belohnung für gutes Verhalten sind überhaupt nicht gut. Ich habe für gute Noten immer Geld von meinen Großeltern bekommen. Für mich hat sich das immer seltsam angefühlt. Außerdem hatte ich Angst, was wohl passiert, wenn ich mal keine gute Note habe. Ich hatte Angst, dann nicht mehr so geliebt zu werden.
Da im Umfeld meiner Kinder doch recht viel Lob ausgesprochen wird, hab ich manchmal bedenken, dass meine Kinder es komisch finden, wenn von mir als Mama in den Situationen dann kein Lob kommt.
Ich versuche authentisch zu sein und mich einfach mitzufreuen, wenn etwas klappt und ich sehe, wie sie Stolz sind (bei Kleinkindern gibt es ja doch sehr viele solcher Momente z.B. das erste Mal von ganz allein aufs Töpfchen gehen, mit dem Bobbycar das erste mal die ganze Strecke bis zum Spielplatz selber fahren…) ich versuche aber auch genauso liebevoll und in Verbindung zu bleiben, wenn Dinge nicht klappen oder schief gehen und zu vermitteln, dass es nicht schlimm ist und ich sie immer noch genauso lieb hab. Denn für mich gehört zum nicht Loben auch ganz klar nicht Tadeln dazu.