Es reicht.
Ich habe keinen Bock mehr.
Seit Jahren schreibe ich über die wissenschaftlichen Grundlagen vom Verzicht auf Erziehung. Über die philosophischen Dimensionen von Beziehung. Über die Soziologie der Gewalt.
Und immer wieder kommen Menschen, die von unerzogen lesen und glauben, das sei eine Mode. Ein Konzept. Komplett unwissenschaftlich. Ein Experiment.
Nix da. Aus all den Jahren Beschäftigung mit der Wissenschaft der erzieherischen Gewalt kommen jetzt hier fünf knallharte Gründe, ab sofort nicht mehr zu erziehen. Wissenschaftliche Gründe, also logisch nachvollziehbar, in Fachkreisen diskutiert und anerkannt, in Studien nachgewiesen und transparent argumentiert. Muss man ja heutzutage immer dazusagen.
Let’s go.
1. Resilienz
Die Fähigkeit, das Leben in all seinen Aspekten gut überstehen zu können, ist eine der wichtigsten Faktoren für psychische und physische Gesundheit. Resilienz ist ihr Name.
Dank Resilienz können wir Herausforderungen annehmen und auch schwere Situationen auf positive Aspekte hin untersuchen. Wir überstehen extreme Stresssituationen leichter und gehen gesünder durchs Leben.
Lange dachte man in der Resilienzforschung, allein angeborene Faktoren seien dafür verantwortlich, dass Resilienz entstünde.
Das ist nicht richtig. Entscheidend beitragen können Menschen, die Kinder begleiten. Als wichtige Faktoren gibt die BzgA in ihrer Auswertung von Metastudien zur Resilienz unter anderem an:
- positive Wahrnehmung der eigenen Person: „Das Selbstkonzept entwickelt sich nach der sozialkognitiven Theorie aus den Rückmeldungen anderer Personen über das eigene Verhalten (Flammer & Alsaker 2002). (…) Selbstwert und Selbstachtung bezeichnen eine positive Wahrnehmung der eigenen Person.“
- internale Kontrollüberzeugung: „Wenn eine Person eintretende Ereignisse vorwiegend als Resultat eigener Handlungen wahrnimmt, entspricht dies einer internalen Kontrollüberzeugung. External meint hingegen, wenn Personen Ereignisse dem Zufall oder dem Handeln anderer zuschreiben.“
- Selbstwirksamkeitserwartung: „Das Konstrukt der Selbstwirksamkeit entstammt aus der sozial-kognitiven Theorie von Bandura (1977) und wird definiert als eine subjektive Gewissheit, Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenzen bewältigen zu können.“
Und in Bezug auf die Familie gilt vor allem eine sichere Bindung an die Eltern als Resilienzfaktor.
Was bedeutet das nun?
Kinder zu lieben reicht nicht. Um ihnen die Sicherheit zu geben, die sie brauchen, um in einer Welt zu bestehen, die nun mal auch echt ätzend sein kann, brauchen sie die Erfahrung, dass sie wichtig sind. Dass sie die Herr_innen ihrer Leben sind. Dass sie entscheiden. Dass sie gut sind, egal, wie sie sich verhalten.
Erziehung kann das nicht leisten. Erziehung schränkt nämlich die Aussage ‚wie du bist, bist du okay‘ ein: ‚… außer, du verhältst dich so, dass wir dich korrigieren (müssen)‘.
Das ist keine bedingungslose Liebe. Ausführlich schreibt Alfie Kohn über dieses Phänomen in Liebe und Eigenständigkeit: Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung
Aber kommen wir zum nächsten Problem mit Erziehung.
2. Gehorsam: Persönliche Nachteile
Um Erziehung zu entlarven, brauchen wir ein Mindestmaß an Ehrlichkeit.
Und wenn wir das walten lassen, sehen wir, dass das oben angesprochene Korrektiv, das Erziehung einsetzt in der Hoffnung, dass das Kind dann lernt, wie es sich verhalten soll, auf Gehorsam setzt.
Gehorsam als Begriff ist aus der Mode gekommen (ähnlich wie Strafe. Die heißt heute Konsequenz. Und die ganz Coolen nennen sie ’natürliche Konsequenz‘).
Heute wird, wenn gehorsam gefordert wird, gerne über ‚Grenzen‘, ‚Regeln‘ und allegemein über Werte gesprochen. Meist sind die Befehle auch sehr höflich und klingen nach Bitten. Ob sie das waren, stellst du fest, wenn das Kind nein sagt…
Gehorsam ist also schwer zu entlarven. Okay. Da brauchst du Geduld.
Was ist aber nun so blöd am Gehorsam? Wenn ich nein sage und mein Kind hört auf, das ist doch wichtig? Man denke an Prävention und Übergriffe – wie wichtig da ist, dass ein Nein ein Nein bleibt?!
Das Problem ist, dass Gehorsam keinen Sinn erfüllt. Er ist reines Verhalten ohne jede moralische Komponente.
Echte soziale Kompetenz ist es, ein Nein zu akzeptieren, weil ich einen anderen Menschen nicht verletzen will, weil ich empathisch bin und weil ich seine Rechte anerkenne. Blinder Gehorsam macht da keinen Sinn – in dem Moment, in dem die Machtverhältnisse sich verändern und der Gehorsam nicht mehr mit Gewalt erzwungen werden kann, habe ich keine Gründe kennen gelernt, mich nicht unsozial und gemein zu verhalten.
Gehorsam ist vollständig amoralisch.
Für Personen, die gehorchen müssen, bedeutet das, dass sie ihr Selbst und das, was sie ausmacht aufgeben müssen. Diese Verletzung ihrer selbst kann direkt in Suchtverhalten und Aggressionen münden, wie Studien zeigen.
Hinzu kommt dass die Bindungsqualität von Eltern zu Kindern eingeschränkt wird, wenn Gehorsam gefordert wird. Das Kind lernt, das erwünschte Verhalten zu zeigen, nicht aber, seine Impulse zu verstehen und liebevoll anzunehmen. Etwas, was in der Psychotherapie flächendeckend von Erwachsenen nachgeholt werden muss.
3. Gehorsam: Gesellschaftliche Nachteile
In einem schockierenden Experiment hat der berühmte Sozialpschologe Milgram in den 60er Jahren gezeigt, dass Gehorsam die Quelle grausamer Taten ist.
Kollektiver Gehorsam, also erwünschtes Verhalten ohne das Hinterfragen und Reflektieren des Verhaltens vor den eigenen Werten, ist Stützpfeiler faschistischer Regimes gewesen. Wohlgemerkt: Diese Taten werden vom gehorsamen Individuum als nicht grausam angesehen.
Das Video zeigt, wie die Unsicherheit der Individuen immer größer wird, ihr Wille zu gehorchen aber enorm groß ist. Die Unterwerfung unter Autoritäten, wie sie Erziehung von klein auf praktiziert, ist aber so groß und der Wille zu gefallen so übermächtig, dass diese wohlerzogenen Menschen bereit sind, andere (scheinbar) zu foltern und zu töten. Einfach nur, weil sie einen Befehl erhalten haben.
Ja, das ist drastisch. Ich weiß. So ganz mag sich mir aber nicht erschließen, wieso ein bisschen Gehorsam gut sein kann. Kein bisschen. Gar nicht. Individuelle Verbindung und das Vertrauen auf die angeborenen sozialen Fähigkeiten können und müssen der Ausweg sein.
4. Moraltheorie: Wie entsteht Moral und richtiges Verhalten?
Erziehung ist ja ein Angstphänomen.
Angst vor dem Tyrannen. Angst vor asozialem Verhalten (da frag ich mich ja immer: Echt? Ist unerzogen so populär und ich merke es nur nicht? Oder sind all die Menschen, die Gewalttaten begehen echt nicht erzogen worden? Die Rechtswissenschaft behauptet ja glatt das Gegenteil, aber nun ja…).
Dahinter liegt eine Auffassung von Moralverständnis, die moralisches Verhalten als Ziel von Erziehung versteht.
Aber was ist eigentlich moralisches Verhalten?
Angesichts der diversifizierten Welt, in der wir leben, sind die meisten moralischen Fragen nicht mehr leicht zu beantworten. Sicher, es empfiehlt sich zum Beispiel immer, freundlich und höflich zu sein.
Aber: In konkretes Verhalten übersetzt bedeutet das hier in Norddeutschland, ‚moin!‘ zu murmeln. In einer mexikanischen Familie vielleicht eher, aufzuessen. Und bei einer japanischen Bekannten von mir bedeutet das, auf keinen Fall die Hand zu geben.
Hä?
Okay, wohl doch nicht so einfach mit dem moralisch richtigen Verhalten.
Was machen wir denn dann?
Moralphilosophisch ist es ganz einfach: Moral ist kompliziert.
Jede moralische Leitlinie (auch zum Beispiel das Tötungsverbot!) hat eine Ausnahme. Jedes sozial erwünschte Verhalten kann von einem anderen ‚übertrumpft‘ werden und situativ nicht mehr gelten (hauen zum Beispiel. ‚Man haut nicht!‘ gilt in Notsituationen keineswegs!).
Das heißt, der Prozess der moralischen Entscheidungen ist sehr, sehr wichtig. Wichtiger als das daraus resultierende Verhalten.
Wenn ich meinem Kind sagen und zeigen will, dass hauen nicht okay ist, macht es also Sinn, mich für den Prozess zu interessieren, in dem sich das Kind für das hauen entschieden hat und ihm zu helfen, andere Optionen zu entwickeln.
Genau so kann ich auch meine Kaufentscheidungen beispielsweise kommunizieren und offenlegen, ohne dass ich meinen Kindern die Chance auf eine eigene Meinung nehmen muss, indem ich sie zu meiner bevorzugten Art von Konsum zwinge.
Moral formt man nicht, sondern lebt in ihr. Und trifft täglich viele verschiedene Entscheidungen, die Abwägungssache sind. Generalisierungen und allgemeine Regeln, wie sie Erziehung vorsieht, werden der Komplexität und den individuellen Situationen nicht gerecht.
5. Sozialtheorie: Einflüsse unter Gewalt – habituale Formung und Empathie
Das gleiche Thema, ein anderer Blick: Soziale Kompetenz.
Eines meiner großen Erweckungserlebnisse in Bezug auf Erziehung war meine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bourdieus Habitustheorie. Ein wichtiger Teil davon ist die Etablierung der symbolischen Gewalt:
„Symbolische Gewalt ist in jedem Handlungsinhalt verborgen, welcher durch die äußere Handlungsform in der Praxis verneint wird. Dies geschieht jedoch nicht bewusst in Form eines rationalen Kalküls. Die Gewalt wirkt durch eine Art Komplizenschaft. Sie ist im Habitus der Akteure verankert (…)„
Eine bessere Beschreibung der zwei Gesichter von Erziehung habe ich selten erlebt. Die gesellschaftliche Formung von Kindern geschieht zuallererst in bester Absicht und wird als Ausdruck von Liebe verstanden. Ihr Kern ist jedoch eben jene Formungsidee, die das Individuum handeln lässt, wie derjenige, der die Gewalt ausübt, es will.
Bitter, oder?
Und weißt du, was das Gute ist? Wir können es bleiben lassen. Jetzt.
Und das sollten wir tun. Bist du dabei?
Eigentlich finde ich alle Argumente sehr einleuchtend. Aber die Erziehung im anthropologischen Sinne, im Laufe der Menschheitsgeschichte lässt doch einige Fragen offen. Erziehen heißt verformen etc.- stimmt absolut. Früher machte man es absichtlich, damit die Kinder sich den Normen entsprechend verhielten. Es sicherte das Überleben der Kinder und des Stammes. Es machte evolutiontechnisch gesehen durchaus Sinn. Wenn ein Bauernkind noch vor 200 Jahren auf die Bitte der Eltern mitzuhelfen mit nein antworte würde,(aus welchem Grund auch immer), wäre es womöglich das Ende der Familie bedeuten. Und sicher würde man es nicht tolerieren.
Aber heute kann das Kind eigentlich zu allem wirklich gefahrenlos „nein“ sagen- es passiert nichts wirklich Schlimmes-nicht mit ihm und nicht mit seinen Nächsten.Ob der einzige Grund für sein „ja“ nur seine Empathie gegenüber Eltern sein sollte? Das scheint mir eine zu einfache Einstellung zu sein. Eben weil es früher nie so war und ob es von Natur so vorgesehen ist können die Studien nicht wirklich erfahren. Ist klar, dass nun das Jahrhundert des Individuums angefangen hat, die individuelle (Entscheidungs)Freiheit steht über alles, ich zweifle aber, ob es längerfristig der richtige Weg in der Erziehung sein wird…
Natürlich, wenn man als Eltern extrem gebildet und belesen ist, sich extrem viel mit seinem Kind befasst, sein eigenes Verhalten objektiv reflektieren kann- dann mag es gut funktionieren. Aber so sind doch die wenigsten Eltern! Das Konzept hat etwas vom Wunschdenken- in dem Sinne, dass ihm alle folgen könnten. So, wie ich manche Eltern sehe, würde es bei den meisten nicht funktionieren…Was schade ist…
Liebe Paulina,
es ist vergleichbar mit der Demokratie – nicht vorgesehen von ‚der Natur‘ (und doch ist kooperatives Verhalten uns von Grund auf eingeschrieben) und ein ideeller Ansatz. Deswegen ist es aber nicht falsch, das zu wollen. Kinder als echte Menschen zu begreifen und ihnen ihre Rechte zu geben ist eine moralische Forderung. In der Praxis bedeutet das tatsächlich viel innere Arbeit (und Befreiung) und kann so ideal nicht erfüllt werden. Was ja nichts macht – Werte sind ja Kompasse und keine Ziele.
Grüße, Ruth
Ich denke, dass es auf einem Bauernhof genügend Tätigkeiten gab, so dass ein Kind immer etwas fand, dass es gerne gemacht hat. Was hätte es denn ansonsten gemacht? Alleine irgendwo rumgesessen, ohne Spielzeug, Fernsehen und Co. Ich denke nicht, dass es das lange gemacht hätte. Vielleicht mal etwas durch den Wald Streifen, aber wie lange macht ein Kind das gerne alleine? Dann doch lieber mit den anderen etwas gemeinsam schaffen und sich freuen.
Das wollen die meisten Kinder heutzutage auch noch. Aber leider traut man ihnen ja nichts zu. Scharfes Messer für Kinder ab 2-3 Jahre? Da würden die meisten doch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen… Brot schmieren mit 18 Monaten? Was eine Sauerei etc…
Eltern müssen und mussten nie die Kinder um Hilfe bitten, denn sowie sie mobilisiert sind wollen sie nichts anderes als helfen. Unsere Gesellschaft hat dafür leider keine Zeit. denn das Ausräumen der Spülmaschine mit einem Zweijährigen dauert nunmal doppelt solange. Wir sind es, die den Kindern angewöhnen, nur mit ihren Sachen zu spielen
Wirklich nicht so einfach, wenn du selber aus einer auf Angst aufgebauten Erziehung kommst.
Meine ideal Beziehung zu meinen jungen Mitbewohnern würde ich genauso leben wollen…jedoch kann ich aus meiner Erfahrung sprechen, müssten wir alleine leben ohne Schule und Menschen die denken das junge Menschen dressiert werden müssen. Gehorsam ist gleichzusetzen mit…Sozialkompetenz
Ein Nein wird nicht akzeptiert, solange es „Erwachsen“ gibt, die denken das jungen Menschen ein Nein zusteht. Ich persönlich bin auch über Projekte erstaunt die in den Schulen angeboten werden wie, -Sag Nein- oder -Mein Körper gehört mir- usw. Hier werden junge Menschen ermuntert sich wahrzunehmen, Emphatisch mit sich zu sein. Hier wird spielerisch ein NEIN akzeptiert und befürwortet. Sag dieser jedoch NEIN zur Schule oder NEIN zur Hausarbeit innerhalb der Familie, wird es schwierig zu akzeptieren und niemand spricht dem jungen Menschen eine gute Wahrnehmung zu. Ich versuche vorzuleben was ich für mich als richtig ansehe und Vertraue.
Das was in der Studie beschrieben ist, kann dennoch durch Erziehung unterstutzt werden. Erziehung ist ein weites Wort. Nicht-Erziehug wurde dem Zufall ueberlassen gleichkommen. Es ist wichtig, dass wir dennoch Kindern eine Gewisse Lebenseinstellung vorleben und es in gewissen Punkten fordern.Es darf und soll sich damit (und mit anderen Lebensentwurfen u Einstellungen) auseinandersetzen und seinen eigenen Weg finden
Ich kann nur diesen Text empfehlen http://kraetzae.de/erziehung/erziehen_ist_gemein/ Da steht noch genauer, was mit Erziehung gemeint ist.
Nicht Erziehung bedeutet mit Nichten ‘dem Zufall überlassen’ Hast du dich mit dem Thema auseinander gesetzt?
Hab ich das jetzt richtig verstanden,ruth,dass du sagst,dass unerzogen ein moralisches Konstrukt ist?oben hattest du geschrieben,dass Kinder gerne merken,dass sie herr_innen seiner/ihrer selbst sind.früher mussten Kinder in der Regel ja wirklich mehr mithelfen,aber haben sie das dann nicht auch vielleicht gesehen(also das herr_in sein)?also jetzt nicht im „finsteren Mittelalter“ oder auch gar nicht so weit weg,sagen wir in England in den Bergwerken,da wurden Kinder ja einfach ausgebeutet.aber so ganz früher?ist das nicht auch in einigen Naturvölkern so,dass Kinder einfach ihren gut Machbaren Beitrag leisten und Teil der Gemeinschaft sind?(ich denke jetzt an die Suche nach dem verlorenen Glück, hab ich aber nicht selbst gelesen sondern nur indirekt Argumente/Aspekte daraus gelesen).also ich dachte nämlich eigentlich bis jetzt,dass unerzogen quasi der Normalfall sei und Erziehung dann irgendwann kam und die Gesellschaft sich jetzt total in dieser Erziehungsidee verrannt hat.aber ich weiss,“früher“ darf man auch nicht idealisieren…:) ps ich mag deinen Blog!
ich bin „erzieherin“ (habe mir die berufsbezeichnung nicht ausgedacht) und frage mich gerade, wie in der praxis mit aggressivem Verhalten von Kindern gegenüber anderen Menschen umgegangen wird, wenn dem text zufolge konsequenz auch nur eine versteckte form des gehorsams ist? ich würde mich als eine pädagogin bezeichnen, die beziehungsarbeit macht und nicht an den Kindern „zieht“, jedoch gibt es Situationen, in denen ich ein anderes kind oder auch mich selbst schütze und mir wichtige werte mitgebe. Kinder kommen ja aus unterschiedlichsten verhältnissen und haben durchaus nicht immer die besten beziehungsvorbilder bzw. problematische Familienzusammenhänge. grenzen beginnen für mich da, wo die des anderen anfangen.
Ich habe keine Ahnung von größeren Kindergruppen und habe eine große Anerkennung für die, die Kindergruppen begleiten – und das auch noch liebevoll und wertschätzend. Dennoch ein Kommentar: Unerzogen bedeutet nicht „keine Grenzen“ und auch nicht, dass alles ok ist. Und die Bedürfnisse anderer Kinder zu schützen ist mega wichtig! Aber wenn du eine (noch so logische) Konsequenz vergibst, wirkst du trennend und gibst dem Kind das Gefühl nicht richtig zu sein. Stattdessen (und da habe ich keine Idee, wie gut das mit schlechtem Betreuungsschlüssel funktionieren kann) wäre die akute Lösung, die Kinder zu trennen (ohne Vorwurf, eher mit der Einstellung „Oh, vielleicht hast du es noch gar nicht gemerkt, aber xyz will gerade gar nicht gehauen werden“), und die Herausforderun zu schauen, was das Kind braucht, um nicht mehr zu hauen. Mehr Zuwendung? Mehr Ruhe? Mehr Gesehen-werden? Mehr spannende Dinge rundherum?
Das ist schwer mit unseren erzogenen Köpfen zu akzeptieren: Einem Kind, was haut, mehr Zuwendung zu geben – nicht weniger.
Ist ja dann auch eine Konsequenz (Def. nach Duden: logische Folge einer Handlung). Irgendwie ein Widerspruch in sich!? ?
Meiner Meinung nach wird oftmals viel schwarz-weiß-Malerei betrieben. Es gibt auch etwas dazwischen. Man kann den Kindern gewisse Regeln beibringen UND sie ihnen erklären, WARUM es diese Regeln gibt, welchen Ursprung und Sinn (damals wie heute) haben. Kinder nehmen oftmals viel mehr wahr als wir. Andererseits muss man ihnen auch die Welt der Erwachsenen erklären.
Regeln können auch schützen.
Theorien sollten auch immer aus dem zeitlichen Kontext heraus betrachtet werden. Nicht alles ist immer auf die heutige Zeit anzuwenden – Bsp. vermehrte Digitalisierung unserer Gesellschaft, Fernsehen und Co. (P.S.: Fernsehen gibt es bei uns nicht mehr. Seitdem haben wir ein viel besseres Familienleben mit Spiel, Spaß, Unternehmungen… und Kommunikation!)
Am Ende bleibt immer die Frage, a) welche Regel ist wann notwendig und b) wie „streng“ muss diese sein?
Wie heißt es bei Knigge…? „Vom Umgang mit dem Mensche“
Ich halte diesen Artikel für unfassbar manipulativ und unwissenschaftlich. Er führt den Leser aufs Glatteis und zudem beweist die Autorin, dass sie entweder keine Ahnung von wissenschaftlichem Arbeiten hat oder ideologisch so verblendet ist, dass sie es selbst nicht mehr merkt, wie absurd sie argumentiert. Vielleicht geschieht es auch mit Absicht – zu offensichtlich sind die Manipulationsversuche.
Wie komme ich darauf? Nun, ich trete gerne die Beweisführung an, exemplarisch später an Beweis 1.
Sie behauptet, dass sie fünf wissenschaftliche Beweise anführen wird. Die Beweise bleiben jedoch aus. Es werden von ihr stattdessen psychologische Begriffe in den Raum geworfen (die tatsächlich empirisch geprüft wurden) und dann werden diese in ihrem Sinne benutzt.
Unter „Beweis 1“ spricht sie von Resilienz. Sie führt Fachbegriffe wie positive Wahrnehmung, internale Kontrollüberzeugung und Selbstwirksamkeitserwartung an. Alle diese wissenschaftlich operationalisierten Begriffe waren Gegenstand verschiedenster empirischer Studien und es gibt absolut haltbare Evidenzen dafür, dass sie auf das seelische Wohlempfinden, das Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeitserwartung ausgesprochen positive Effekte haben. Soweit so gut.
Dann jedoch macht sie den großen Fehler und überträgt die Befunde ungeprüft und ohne empirische Beweisführung auf ihre Thesen. Die Studien haben NICHT den Zusammenhang zu völlig erziehungsfreier „Erziehung“ geprüft. Das wäre also ungefähr das Gleiche, wie wenn ich die Auswirkung eines bestimmten Medikaments auf die Zellregeneration prüfe und dann sage: „Und deshalb hilft das Medikament, ewig jung zu bleiben und dabei glücklich und beschwingt zu sein!“ Sie überträgt einen Befund 1 zu 1 auf eine ihr eigene Hypothese – ohne dies jedoch zu prüfen.
Das ist hochgradig unwissenschaftlich.
Und es ist hochgradig manipulativ, weil dem nicht-wissenschaftlich arbeitende Leser (insbesondere dem Leser, der auch noch unkritisch an die Sache herangeht), damit vorgegaukelt wird, dies alles sei wissenschaftlich.
Sie sollten sich schämen, Ruth! Schämen, schämen und nochmals schämen! Blinde Ideologie fand man auch im Ostblock. Wohin das geführt hat, sieht man. Ideologie hat noch niemals positive Früchte getragen. Hören Sie auf, einen solchen Schund zu schreiben und damit Menschen in die Irre zu führen!
Lieber Matthias, mir scheint, dass du kein Interesse hast an einem Austausch. Ich schäme mich keineswegs. Selbstverständlich ist eine Übertragung der Thesen riskant, aber breit gefächert hat sie stattgefunden und ist fundiert. Die Herleitung findet hier verkürzt statt und die kritische Anmerkung ist richtig – zur Untermauerung der einzelnen Übertragungen gibt es jede Menge Ideen und Untersuchungen, die ich hier nicht weiter ausführe.
Grüße, Ruth
Natürlich führst du sie hier nicht aus – sonst hättest du es nämlich oben in der Beweisführung bereits getan. Schon allein in eigenem Intereresse, um deine Hypothesen empirisch abzusichern. Du hast es aber nicht getan – nicht einmal in besagtem eigenen Interesse – weil es nämlich entsprechende empirische Evidenzen NICHT gibt.
Eine Anmerkung übrigens noch am Rande. Der Titel deines Artikels lautet ja: „5 Wissenschaftliche Beweise gegen Erziehung“. Wenn du auch nur die leiseste Ahnung von echter wissenschaftlicher Arbeit hättest, dann wüsstest du, dass Studien NICHTS, rein gar NICHTS beweisen können. Sie können lediglich eine Hypothese nicht falsifizieren und damit bis auf Weiteres für gültig empfinden. Eine gute Theorie ist eine Theorie, die vielen Falsifikationsbemühungen widerstanden hat. Ein Beweis ist jedoch nicht möglich.
Und das alles entlarvt dich als das, was du bist: Eine gefährlich Unwissende, eine Ahnungslose in wissenschaftlicher Empirie und eine ideologie-verseuchte Manipulatorin. Nicht mehr und nicht weniger.
Aber du musst ja auch mir irgendwas dein Geld verdienen, stimmts? Und ich vermute mal, mit deinen das Kindeswohl gefährdenden Thesen verdienst du eine Menge Geld. Gibt ja genug Menschen, die auf dein gefährliches, manipulatives Gerede reinfallen.
@Matthias: „Und ich vermute mal, mit deinen das Kindeswohl gefährdenden Thesen verdienst du eine Menge Geld. “ Ich verstehe nicht, warum ein achtsames, respektvolles Miteinander von Kindern, Erwachsenen und auch Erwachsenen untereinander, also eine bestimmte Lebenshaltung, Kindswohl gefährdend sein sollte. Im Gegenteil. Aber ich frage mich, warum Du selbst so mega aggressiv bist und Dich dermaßen darüber aufregen kannst. Laß doch Ruht ihre Thesen verbreiten. Es ist wohl eher die Frage, was Du für ein Problem damit hast. Und damit, daß jemand Geld verdient scheinst Du auch nicht klar zu kommen.
Ich bin begeistert von deinem Blog und der Tiefe, mit der du dich mit den Themen auseinandersetzt! Vielen Dank dafür! Aber dass Erziehung falsch ist, macht nicht alles andere richtig. Ich finde wir brauchen eine noch lebendigere Diskussion darüber, wie man eben anders, respektvoll und führungsstark, liebevoll und loslassend, freiheitlich und doch voller Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer mit Kindern leben kann. Ganz liebe Grüße aus Hamburg ❤️
Hallo Alisa!
OH ja, die brauchen wir. Das finde ich auch!
Grüße, Ruth