Ich hab wenig geschlafen.

Aber nein, ich bin nicht im Delirium – ich hab die Überschrift echt so gemeint wie geschrieben.

Ich habe drei Kinder. Irgendwo habe ich mal gelesen, Kinder würden sich alle 12 Minuten streiten – wir kommen da nicht hin, aber gefühlt zu oft ist es auf jeden Fall.

Meine Kinder haben damit weniger ein Problem als ich. Erste wichtige Erkenntnis: Sie balgen, raufen, vertragen sich, diskutieren… Was auch immer. MICH nervt die Lautstärke oft und die Wut und dass ich nicht weiß, wann sie Hilfe brauchen.

Da kommen wir gleich zu Erkenntnis Nummer 2: Helfen ist helfen ist helfen.

Wenn meine Kinder ein Problem haben und ich ihnen unterstelle, kluge, sozial geborene, liebevolle, kooperative Wesen zu sein (also wenn ich die Grundlagen der Entwicklungspsychologie verstanden habe) kann ich aus Achtung ihnen gegenüber nicht eingreifen, nur weil es MICH nervt.

Das ist mein Problem.

Wann ich eingreife – und das gilt für alle Hilfe – kann und darf nur der_diejenige entscheiden, der_die betroffen ist.

Ich biete also Hilfe an. Auf vielfältige Art und Weise. Ich verhandele, ich lenke mit einem Spiel ab, ich bin einfach dabei. Vor allem, wenn sie müde, hungrig oder allgemein nicht in Stimmung sind.

Was mich zur dritten Erkenntnis bringt.

Die Streitigkeiten unter meinen Kindern korrelieren zu 95% mit der Stimmung in der Familie. Sind mein Mann und ich im Streit, habe ich Arbeitsstress oder bin ich krank, streiten sich die Kinder andauernd. Eigentlich eine schlaue Kooperationsleistung: Durch ihre Abhängigkeit von ihren Eltern weichen die Kinder mit ihren Aggressionen auf andere, am ursprünglichen Problem nicht Beteiligte aus und reagieren sich dort ab. Gerade wenn wir Eltern angespannt und müde sind, belasten Kinder uns unbewusst nicht weiter. Die Aggression jedoch bleibt und muss ausagiert werden.

Je mehr wir unser Familiensystem entlastet haben, je mehr Liebe und Freude uns trägt statt Terminstress und Fremdbestimmung, desto weniger Streit gibt es zwischen den Geschwistern.

Geschwisterstreit ist also auch immer Stimmungsanzeiger, zumindest bei uns.

Geschwister spiegeln, was sie erleben – welchen Umgang mit Problemen, Frustration und Ärger kennen sie?

Das ist nicht immer angenehm zu sehen. Bei mir kam der Aha-Moment, als ich eines Tages meinen Sohn erwischte, wie er seiner Schwester ein Kuscheltier wegnehmen wollte. Ich schimpfte rum (warum ich das nicht mehr tue, kannst du hier sehen) und – nahm es ihm weg.

Äh.

Daraufhin ging der Sohn zu seiner Schwester, riss ihr das Legoteil weg, was er ihr eben noch geliehen hatte und pflaumte sie an: „Und das bekommst du auch nicht mehr, verdammt nochmal!“

Doppel-äh.

Friedlich Konflikte lösen ist eine der großen Herausforderungen dieser Zeit. Wir alle kennen gewaltsame Lösungen (Recht des_der Stärkeren oder andere beziehungsabgewandte Strategien), aber wir haben wenig Erfahrung mit gewaltfreien Lösungen.

Was tue ich also nun, wenn meine Kinder streiten?

Ich schütze.

Wenn eines meiner Kinder wütend wird und die körperliche und/oder psychische Integrität der anderen zu verletzen droht, mische ich mich ein. Ich bin da. Ich wende Schläge, Tritte und Bisse ab. Ich lasse sie nichts ‚unter sich‘ klären. Nur weil es ein Geschwisterkind ist, was da Gewalt anwendet, ist es nicht weniger übergriffig

Ich helfe.

Das Maß dabei ist, wie ich oben sagte, ob meine Kinder Hilfe haben wollen. Ich tobe und raufe mit Kindern, die gerade stark körperlich kommunizieren, lenke ab, kaufe Dinge doppelt, verhandele und mache Vorschläge.

Ich tröste.

Es ist frustrierend, mit Menschen auf engem Raum zusammenzuwohnen. Ständig ist irgendwas. Geschwister, so schön es sein kann, sie zu haben, sind auch eine große Herausforderung. Gerade in einem Alltag, den Kinder viel in Kooperationsleistung verbringen müssen, weg von ihren Eltern, kann das sehr schwer werden.

Und manchmal will das Geschwister auf gar keinen Fall Dinge abgeben oder ist so in Not, dass es die Eltern sehr fordert. Das ist frustrierend. Und das ist okay, solange es nicht allein gelassen wird.

Soziales Lernen ist viel mehr, als ein Kind in den Kindergarten zu schicken. Es ist primär die Kompetenz, mit anderen umzugehen in Konflikten – wenn andere nicht wollen, was ich will und vice versa.

Diese Kompetenzen sind mühsam erlernbar. Wenn wir dabei Anleitung erhalten, die uns zeigt (und nicht nur sagt), wie es geht und wenn wir Raum erhalten, in dem wir das auch ausprobieren dürfen.

Zum Schluss sei hier eine Empfehlung ausgesprochen: ‚Original Play‘ geht direkt darauf ein, wie wir sichere Wege finden können, mit Macht und Konflikten umzugehen und gleichzeitig unsere Liebe auf direktem Wege ausdrücken: Durch Spiel.