Schonmal im Stehen geschlafen?

Ich schon.

Mein erstes Kind war ein intensives Nichtschläferkind – da lernt man sowas. Ich kanns nicht weiterempfehlen. Echt nicht.

Kinder und Schlaf ist einfach ein super anstrengendes Thema. Nach drei Kindern und unzähligen durchwachten Nächten kann ich sagen: Isso.

Das Hauptproblem liegt übrigens, meiner bescheidenen Meinung nach, in den Erwartungen.

In einer großangelegten Studie haben Forscher_innen festgestellt, dass die Erwartung, wie, wann und wie lange ein Kind schlafen soll, kulturell geprägt ist.

In einigen südostasiatischen Staaten gälte ein Kind, das mit einem Jahr um 7 Uhr abends ins Bett fällt, als extrem ungewöhnlich. Kinder, die erst mit 5 Jahren durchschlafen wären hier ein Alptraum.

Halten wir fest: Unsere Erwartungen und geprägten Bilder, wann ein Kind wie lange zu schlafen hat, sind, gelinde gesagt, oft unrealistisch. Hinzu kommt, dass Kindern bis heute die Möglichkeit, selber zu entscheiden über ihren Schlaf, systematisch aberkannt wird.

Über Babyschlaf ist in dieser Hinsicht schon vieles Kluges gesagt worden. (Hier zum Beispiel).

Aber das hilft dir auch nicht. Oder? Schließlich bist du abends müde. Und dann sind da deine Kinder, die wie die Duracell-Häschen durch die Wohnung hüpfen.

Schlafen – warum Selbstregulation wichtig ist

Und wenn du nicht (mehr) erziehen willst, wird es für dich wichtig sein, sie nicht zu zwingen, ins Bett zu gehen.

Da bist du gut beraten: Zwinge sie nicht. Selbstregulation ist Grundbestandteil des Lebens ohne Erziehung. Gründe gibt es dafür genug:

1. Schlafen kann mensch nur freiwillig.

Niemand schläft auf Kommando ein. Du kannst dein Kind nicht zwingen, zu schlafen. Das ist absurd. Du kannst es nur zwingen, still zu sein. In seinem Bett zu liegen. Im blödsten Fall auch noch allein.

Mach das nicht. Dein Kind braucht deine Liebe. Und die fühlt es nicht, wenn du sie fühlst, sondern wenn du sie zeigst.

2. Du hast kein Recht dazu.

Ich sag es mal so rum: Dein Kind hat ein Recht darauf, selbst über seinen Körper zu bestimmen.

Wenn es darum geht, dass Kinder laut ’nein‘ sagen, wenn sie angesprochen werden, sind sich da alle Erwachsenen einig: Dass das Kind über seinen Körper bestimmen kann und sollte, das sollte es früh lernen.

Das lernt es aber nicht, wenn es das nicht darf, sobald es um das Schlafen geht. Und es die Eltern sind, die die körperlichen Grenzen bestimmen wollen. Das ist doch verrückt!

Dein Kind sollte erfahren, dass es Herr_in ihrer_seiner Bedürfnisse und ihres_seines Körpers ist. Alles andere ist grenzüberschreitend. Unfair. Machtmissbrauch. Und schadet eurer Beziehung.

Stell dir mal vor, dein_e Partner_in würde dir sagen, wann und wie du schlafen sollst. Der_dem würdest du doch getrost einen Vogel zeigen, oder?

Und das ist auch gut so.

Weil niemand ein Recht darauf hat, in die körperliche Autonomie anderer einzugreifen. Auch dann nicht, wenn er_sie klein ist.

3. Weil es schadet

Lernen geht nur mit Erfahrung. Erfahrungen muss ich machen. Zu lernen, wann ich müde bin und Ruhe brauche, geht halt nur, wenn ich erfahre, was passiert, wenn ich meine Bedürfnisse übergehe. Zu lange wachbleibe. Zu wenig schlafe. Thats life!

Jemanden zum Gehorsam zu zwingen ist schädlich, da werde ich nicht müde, das zu betonen. Im Bett liegen, weil die Eltern es wollen, nimmt dem Kind die Lernerfahrung und bürdet ihm eine andere auf: Dass es nicht selber weiß, was gut für es ist. Dass es, egal, wie lieb die Eltern es gemeint haben, defizitär ist. Dass es gehorchen muss.

Das Bild des ‚unvollständigen‘ kleinen Menschen lässt grüßen.

Lass sie in Ruhe!

Den Abend gestalten, ohne die Nerven zu verlieren

Aber Hilfe! Davon hast du nun immer noch nicht mehr Schlaf, oder? Es folgt meine abendliche Trickkiste. Ausprobiert und eingesetzt und auf Herz und Nieren getestet:

1. Lass los

Ganz oft ist die Blockade im Kopf. ICH MUSS RUHE HABEN! Schreit der. Wenn du dem mal eben nicht zuhörst, geht es oft sehr wohl gut, dass dein Kind noch bei dir ist. Auch am späten Abend. Auch wenn du müde bist. Du bist nur müde, nicht kaputt gegangen.

Loslassen von ‚man muss‘ und ‚ich kann nicht‘ ist wichtig. Denn dann findest du die Lösung, die zu euch passt.

Aufs Thema – Punkt zwei:

2. Suche Lösungen

Leg dich in die Badewanne und setz das Kind mit rein. Guckt einen Film zusammen. Macht einen Abendspaziergang. Nimm das Kind mit in das verdammte Theater – aber lass es nicht allein.

Finde eine Lösung, die für alle passt!

3. Übernimm die Verantwortung

Nein, dein Kind ist nicht daran Schuld, dass du keine Zeit mehr mit deinem_deiner Partner_in hast am Abend. Eure Zeitplanung, eure Lebensentscheidungen – eure Verantwortung. Dein Kind ist dein Kind und das braucht dich abends um 21 Uhr wie mittags um 12. Mehr nicht.

Du bist immer, immer für die Qualität der Beziehung zu deinem Kind verantwortlich. Auch am Abend und auch, wenn eure Bedürfnisse gerade nicht erfüllt sind.

4. Grenz dich ab

Warte nicht, bis du zu müde wirst, deinen Kleiderschrank von Chewbakka zu unterscheiden. Oder bis du losbrüllst und fies wirst.

Achte auf dich.

Meine Kinder zum Beispiel wissen, dass ich abends ab einer gewissen Zeit in meinem Zimmer verschwinde. Da besuchen sie mich ab und an. Und wenn sie schlafen wollen, kommen sie schlafen.

Aber Brote schmieren, Streit schlichten, Wettrennen veranstalten oder diskutieren, ob Zauberstäbe ihre Magie erst durch eine Fee bekommen müssen oder magisch geboren werden – mach ich nicht mehr. Auch wenn die Frage spannend ist!

Schlaf ist der ureigenste Bereich eines Menschen. Wenn wir nicht erziehen, ist es kaum zu rechtfertigen, einen Menschen zum Schlaf (oder, korrekt: in sein Bett) zu zwingen.

Der Schaden, der an der Beziehung und in der Selbstbeziehung des Kindes entsteht, ist nicht zu rechtfertigen. Finde ich.

Und du? Bis gleich in den Kommentaren!